Physik

Quantencomputer werden in fünf bis acht Jahren einsatzfähig sein

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Innsbrucker Forscher haben eine unabhängige Hardware-Architektur samt Software für einen auf Optimierung spezialisierten Quantenrechner entwickelt. Die Idee wird nun in einem Start-up kommerziell verwertet.

Sogenannte Optimierungsprobleme sind in der Wissenschaft allgegenwärtig. Wollen Forscher zum Beispiel den Einfluss von Tausenden Wirkstoffen auf die Moleküle von Krankheitserregern untersuchen oder Systeme für komplexe Logistikaufgaben entwickeln, sind sie mit unermesslich vielen Möglichkeiten konfrontiert. Den besten Weg müssen dann Supercomputer unter gigantischem Aufwand errechnen. Mit Software, der das mathematische Verfahren der Optimierung zugrunde liegt.

Sehr viel effizienter und schneller könnte das ein Quantencomputer – wenn es ihn denn schon gäbe. Mit dem Bestreben, durch das Rechnen mit Qbits, sprich, Quantenbits, einmal unknackbare Verschlüsselungssysteme zu schaffen oder die künstliche Nachbildung neuronaler Netze für das maschinelle Lernen zu perfektionieren, steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen. Anders verhält es sich allerdings mit spezialisierten Quantencomputern, also solchen, die lediglich fest umrissene mathematische Aufgaben lösen sollen. Wie eben Optimierungsprobleme.

Wolfgang Lechner ist Assistenzprofessor am Institut für theoretische Physik der Universität Innsbruck.
Wolfgang Lechner ist Assistenzprofessor am Institut für theoretische Physik der Universität Innsbruck. Uni Innsbruck

Erste Anwendung ist absehbar

„Diese Teilgebietsquantenrechner werden in fünf bis acht Jahren einsatzfähig sein“, prognostiziert Wolfgang Lechner, Assistenzprofessor am Institut für theoretische Physik der Uni Innsbruck. „Und man kann davon ausgehen, dass mathematische Optimierung die erste Anwendung sein wird.“ Lechner leitet eine Forschungsgruppe für Quantenoptimierung und hat mit zwei Kollegen, Peter Zoller von der Uni Innsbruck und Philipp Hauke vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), eine neue Architektur für einen derartigen Quantencomputer entwickelt. Seine Grundlagenforschung dafür brachte Lechner in den letzten Jahren eine Reihe hochkarätiger Preise ein, etwa 2019 den Houska-Preis und zuletzt den Faculty-Research-Award von Google.

„Unsere Entwicklung, also den Bauplan für diesen Quantencomputer, nennen wir Architektur, weil sie die Hardware mit den Algorithmen für die Optimierungssoftware kombiniert“, erklärt er. Das sei ein Alleinstellungsmerkmal der Tiroler. „Viele Experten konzentrieren sich entweder auf die Hardware oder auf die Software. Wir finden aber, dass das Hand in Hand gehen muss.“ Darauf aufbauend haben die Universität Innsbruck und die ÖAW im November gemeinsam mit privaten Investoren das Spin-off-Unternehmen „ParityQC“ gegründet. Im Februar nahm es die Arbeit auf, Lechner ist wissenschaftlicher Leiter. „Hier ist es unser Ziel, unsere Architektur zu konkretisieren und zu verwerten.“ Tatsächlich sei man schon über die reine Theorie hinaus. „Es gibt bereits Hardware-Hersteller, die unsere Architektur bauen.“

Parallelisierbar und skalierbar

Das Neue an dieser sei, dass mit ihr jedes Optimierungsproblem programmiert werden könne und der Algorithmus parallelisierbar und dadurch skalierbar sei. „Das heißt, das Chiplayout ändert sich auch durch größer werdende Optimierungsprobleme nicht.“ Das zur Architektur gehörende Betriebssystem ParityOS automatisiert diese Abläufe und übersetzt die Formelsprache der Optimierungsprobleme für die Qbits. Zurzeit arbeiten die Innsbrucker Forscher an der Weiterentwicklung von ParityOS und strecken die Fühler nach weiteren Herstellerkooperationen aus.

Zur Person

Wolfgang Lechner ist Assistenzprofessor am Institut für theoretische Physik der Universität Innsbruck, wo er eine Arbeitsgruppe leitet. Sein Forschungsfokus sind die theoretischen Grundlagen für Quantencomputer zur Lösung komplexer Optimierungsprobleme. Zudem ist er wissenschaftlicher Leiter von „ParityQC“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2020)

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