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Pixabay/Gert Altmann

Mit einer überraschend einfachen Idee ermöglichen Physiker aus Triest und Innsbruck die Untersuchung von Quantenverschränkung sehr vieler Teilchen. Anstatt tief in den Charakteristika der Wellenfunktionen - die experimentell nur sehr schwer zugänglich sind - zu graben, schlagen sie vor, physikalische Systeme zu realisieren, die durch den zugehörigen Verschränkungs-Hamiltonoperator beschrieben sind. Auf diese Weise werden die Verschränkungseigenschaften des ursprünglichen Systems über bereits etablierte Werkzeuge zugänglich. Diese radikal neue Methode könnte helfen, Quantenmaterie besser zu verstehen und damit auch den Weg zu neuen Quantentechnologien zu öffnen.

Quantenverschränkung bildet das Herz der zweiten Quantenrevolution, sie liefert den Schlüssel zum Verständnis von Quantenmaterie und stellt die Grundlage für gegenwärtige und zukünftige Quantentechnologien dar. Verschränkte Teilchen können physikalisch nicht als einzelne Teilchen mit definierten Zuständen beschrieben werden, sondern nur als Gesamtsystem. Selbst wenn sich verschränkte Teilchen in sehr großer Entfernung zueinander befinden, beeinflussen Veränderungen an einem Teilchen auch den oder die Partner unmittelbar. Die Verschränkung einzelner Teilchen - seien es Photonen, Atome oder Moleküle - gehört heute im Labor zum Alltag. In der Vielteilchenphysik wird Verschränkung typischerweise durch das sogenannte Verschränkungsspektrum beschrieben: es ist der Lage wesentliche Eigenschaften eines kollektiven Quantenphänomens, wie die topologische Ordnung, zu erfassen und es erlaubt gleichzeitig die Quantifizierung der „Quanteneigenschaften“ eines gegebenen Zustandes, d.h., wie schwierig es ist, diesen mit einem klassischen Computer zu berechnen.

Trotz ihrer Bedeutung stoßen die experimentellen Methoden zur Messung des Verschränkungsspektrums schnell an ihre Grenzen - bis heute wurden diese Spektren nur in Systemen mit wenigen Quantenbits gemessen. Für eine größere Anzahl von Teilchen war eine ähnliche Messung bisher unmöglich, da der Aufwand mit den verwendeten Techniken mit der Teilchenzahl exponentiell zunimmt.

„Es ist heute extrem schwierig, ein Experiment mit mehr als einigen wenigen Teilchen durchzuführen und dabei konkrete Aussagen über deren Verschränkungsspektrum zu machen“, erklärt Marcello Dalmonte vom International Center for Theoretical Physics (ICTP) in Triest. Gemeinsam mit Peter Zoller und Benoît Vermersch vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hat er nun einen überraschend einfachen Weg gefunden, wie Verschränkungsspektren direkt untersucht werden können. Dazu stellen die Physiker das Konzept der Quantensimulation quasi auf den Kopf, indem nicht mehr ein bestimmtes physikalisches System im Quantensimulator nachempfunden wird, sondern dessen Verschränkungs-Hamiltonoperator direkt simuliert wird.

Quantenvorteil demonstrieren

„Anstatt im Labor mit einem Quantensimulator ein bestimmtes Problem zu simulieren und dann zu versuchen, die Verschränkungseigenschaften des realisierten Zustands zu messen, schlagen wir vor, den Spieß einfach umzudrehen und den entsprechenden Verschränkungs-Hamiltonoperator direkt zu realisieren. Dies schafft unmittelbaren und einfachen Zugang zu den Verschränkungseigenschaften wie dem Verschränkungsspektrum“, erklärt Marcello Dalmonte. „Diesen Verschränkungs-Hamiltonoperator im Labor zu untersuchen, ist konzeptuell und praktisch ähnlich einfach, wie Vielteilchenspektren zu messen, was eine etablierte Routine im Labor ist“. Darüber hinaus sind dieser Methode auch in Hinblick auf die Größe des Quantensystems kaum Grenzen gesetzt. Das könnte auch die Untersuchung von Verschränkungsspektren in Vielteilchensystemen erlauben, die mit klassischen Computern eine enorme Herausforderung darstellt. Dalmonte, Vermersch und Zoller beschreiben die radikal neue Methode in einer aktuellen Arbeit in Nature Physics und machen konkrete Vorschläge zur Umsetzung auf einer Reihe von experimentellen Plattformen, wie atomaren Systemen, gefangenen Ionen und auch Festkörpersystemen basierend auf supraleitenden Quantenbits.

Die Forschungen wurden unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und der Europäischen Union finanziell unterstützt.