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Gerhard Kirchmair

Der Experimentalphysiker Gerhard Kirchmair erhält einen ERC Starting Grant für die Quantenforschung mit supraleitenden Schaltkreisen. Die vom europäischen Forschungsrat vergebene Förderung von bis zu 1,5 Millionen Euro ist die größte Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftler in Europa.

Supraleitende Quantenbits zählen heute zu den vielversprechendsten Technologien für Anwendungen in der Quanteninformationsverarbeitung. „Im Vergleich zu quantenoptischen Aufbauten lassen sind supraleitende Schaltkreise vergleichsweise einfach skalieren, denn es ist unter anderem keine zusätzliche Kühlung mit Lasern notwendig“, erklärt Gerhard Kirchmair. Mit Supraleitern, die auf wenige Millikelvin abgekühlt werden und Strom verlustfrei leiten, können zum Beispiel Kondensatoren oder Spulen für Schaltkreise gebaut werden. Für die Quantenbits verwendet Kirchmair eine besondere Form von Spulen, sogenannte Josephson-Kontakte: zwei Supraleiter, die durch eine nichtleitende Oxidschicht getrennt sind, erzeugen ein nichtlineares Verhalten, das für Quantenexperimente notwendig ist.

Quantensimulation im Kühlschrank

Mit Hilfe der Förderung des europäischen Forschungsrats will Gerhard Kirchmair in den nächsten fünf Jahren Systeme mit bis zu 40 bis 50 Quantenbits realisieren und erste Quantensimulationen durchführen. „Wir verfügen mit dieser Technologie heute über die ganze Palette an Gattern und Operationen, die für die Quanteninformationsverarbeitung notwendig sind“, sagt Experimentalphysiker Kirchmair. „Im Vorjahr haben wir gemeinsam mit der Gruppe um Peter Zoller theoretische Modelle entwickelt, wie etwa Phänomene in Festkörpern auf diesen Systemen simuliert werden können.“ Besonders interessiert sind die Forscher am dynamischen Verhalten von Quantensystemen, denn dieses lässt sich auf klassischen Computern kaum simulieren. „Hier liegt eines der große Potentiale von Quantensimulatoren“, sagt Gerhard Kirchmair. Über die Förderung aus Brüssel freut sich auch IQOQI-Direktor Rainer Blatt: „Mit Francesca Ferlaino, Oriol Romero-Isart und Gerhard Kirchmair werden nun alle jungen IQOQI-Forschungsdirektoren vom europäischen Forschungsrat unterstützt und zählen damit zur europäischen Wissenschaftselite. Dies unterstreicht die erfolgreiche Entwicklung der Innsbrucker Physik: Die neue Generation am IQOQI hat sich erfolgreich etabliert und steht für eine vielversprechende Zukunft des Physik-Standorts Tirol.“

Zur Person

Gerhard Kirchmair, geboren 1981 in Hall in Tirol, studierte Physik an der Universität Innsbruck und arbeitete von 2006 an in der Forschungsgruppe um Prof. Rainer Blatt am Institut für Experimentalphysik an der Verarbeitung von Quanteninformation mit Hilfe von gespeicherten Ionen. 2010 promovierte er unter den Auspizien von Bundespräsident Heinz Fischer. Anschließend forschte Kirchmair über zwei Jahre an der Yale University in den USA und trat 2013 eine auf fünf Jahre befristete Professur für Experimentalphysik an der Universität Innsbruck an. Gleichzeitig wurde er Junior Research Director am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Erst kürzlich erhielt der Physiker vom Canadian Institute for Advanced Research (CIFAR) ein Stipendium in Höhe von 100.000 Kanadischen Dollar für seine Forschungen auf dem Gebiet der Quanteninformationsverarbeitung.