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Illustration: Harald Ritsch

Experimente mit magnetischen Atomen bei extrem tiefen Temperaturen haben eine überraschende Materieform aufgedeckt: Diese Atome formen eine neue Art von Quantenflüssigkeit. Die sogenannten Quantentropfen werden ohne äußere Kräfte allein durch Quanteneffekte zusammengehalten. Innsbrucker Experimentalphysiker und Theoretische Physiker aus Hannover berichten darüber in der Fachzeitschrift Physical Review X.

„Quantentropfen fallen wie ein Stein zu Boden“, schildert Experimentalphysikerin Francesca Ferlaino die überraschende Entdeckung. Mit ihrem Team konnte sie im Labor beobachten, wie sich in einem Quantengas große Tropfen bilden. Völlig überraschend war, dass diese Quantentropfen ohne äußere Unterstützung allein durch Quanteneffekte zusammengehalten werden. Mit dieser Entdeckung ebnen die Innsbrucker Wissenschaftler zeitgleich mit einer Forschungsgruppe der Universität Stuttgart, die mit dem ebenfalls magnetischen Element Dysprosium arbeitet, den Weg in ein völlig neues Forschungsfeld der Physik ultrakalter Quantengase.

Im Experiment erzeugen die Forscherinnen und Forscher zunächst in einer Vakuumkammer bei extrem tiefen Temperaturen ein Bose-Einstein-Kondensat aus Erbium-Atomen. Die Interaktion der Teilchen kontrollieren sie über ein äußeres Magnetfeld. Die besonderen Eigenschaften der magnetischen Atome machen es nun möglich, mit dem Magnetfeld die gewöhnliche Wechselwirkung soweit zu unterdrücken, dass nur noch die Quanteneigenschaften der korrelierten Teilchen zum Tragen kommen. „Wir stellen das Teilchensystem sozusagen ruhig und verhelfen so den Quanteneigenschaften zur Dominanz“, erklärt Francesca Ferlaino, die mit ihrem Team erstmals eindeutig belegen konnte, dass Quantenfluktuationen für die Abstoßung der Teilchen sorgen und so ausreichend Oberflächenspannung entsteht, die allein einen Quantentropfen zusammenhält. „In unserem Experiment haben wir zum ersten Mal den kontrollierten Übergang von einem Bose-Einstein-Kondensat, das sich wie ein superfluides Gas verhält, hin zu einem einzelnen großen Quantentropfen aus rund 20.000 Atomen realisiert“, freut sich Experimentalphysikerin die Erstautorin der Studie, Lauriane Chomaz. Weil die Forscher die Wechselwirkung zwischen den Teilchen in einzigartiger Weise kontrollieren können, war es möglich die experimentellen Daten aus dem Labor mit der von einer Gruppe um Luis Santos an der Universität Hannover entwickelten Theorie zu vergleichen und so die Rolle der Quantenfluktuationen zweifelsfrei nachzuweisen.

Dieser neue suprafluide Zustand ist zwischen gasförmigen Bose-Einstein-Kondensaten und flüssigem Helium angesiedelt. Seine Erforschung könnte in Zukunft zu einem besseren Verständnis von Suprafluidität beitragen. Quantentropfen sind neben Helium das derzeit einzige bekannte System, das suprafluid und flüssig ist. In ultrakalten Quantengasen lässt sich das Phänomen in sehr reiner Form und unter gut kontrollierbaren Bedingungen studieren. Langfristig könnte der Materiezustand sogar Perspektiven für die Untersuchung von Suprasolidität liefern.

Francesca Ferlaino ist Professorin am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und wissenschaftliche Direktorin am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Die aktuelle Arbeit entstand in Kooperation mit Theoretikern um Luis Santos von der Universität Hannover und wurde unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt.