Bericht von Mag. Peter Kopp über die Restaurierung des Uhrenkastens
Restaurierungsbericht
Im Folgenden wird der Bericht über die astronomische Standuhr von Prof. Dr. Paul Czermak aus dem Jahre 1898, sowie der Nachtrag aus dem Jahre 1902 wiedergegeben.
Czermak - Die astronomische Standuhr des physikalischen Institutes der Universität Innsbruck, 1899
Czermak - Nachtrag zur astronomischen Standuhr des physikalischen Institutes der Universität Innsbruck, 1902
des
Physikal. Institutes der Universität Innsbruck.
Von
Prof. Dr. Paul Czermak.
Naturw.-med. Verein 1898
Index:
Die grosse Zeigerplatte (Tafel Il) trägt elf verschiedene Zifferblätter. Zu oberst befindet sich die gewöhnliche Uhr, welche mittlere (bürgerliche) Ortszeit angibt. Unterhalb derselben ist eine fingierte Sonnenuhr, wo ein flacher Zeiger den Schatten einer Sonnenuhr markirt und von 6 Uhr Früh von links über Mittags, auf 6 Uhr Abends nach rechts hinüber wandert. Ist der Zeiger daselbst angelangt, so springt er auf 6 Uhr Früh zurück und macht in den Nachtstunden denselben Weg noch einmal durch.
Rechts und links von der Mittlerenzeituhr sind zwei kleine Ziffernblätter mit je einem Doppelzeiger angebracht, von welchen der linke mit seinem oberen Ende die Declination der Sonne und mit dem untern Ende den Sonnenaufgang angibt, während der rechte Zeiger oben die Länge des Tages und unten jene der Nacht zeigt.
Zu beiden Seiten der Sonnenuhr sind zwei wichtigere Zifferblätter angebracht. Links befindet sich der Datumzeiger, welcher mit dem längeren Zeiger den Monatstag und mit dem kürzeren den Monat zeigt. Der längere Zeiger geht längs einer von 1 bis 31 bezifferten Theilung, welche einen Halbkreis einnimmt und springt derselbe wenn er den jeweiligen Letzten eines Monats erreicht hat, auf den Ersten zurück. Der Monatszeiger geht längs einer Theilung, die sich in vier Quadranten wiederholt und zwar gilt der erste Quadrant für das Schaltjahr und die andern für die drei gemeinen Jahre. Das Ziffernblatt rechts von der Sonnenuhr lässt an einem längeren Zeiger die Zeitgleichung ablesen, das heißt um wie viel die wahre Sonnenzeit der mittleren vor oder nach ist. Ein kürzerer Zeiger zeigt dann an einer inneren Theilung, welche aber nur von 5 zu 5 Tagen getheilt ist, das rohe Datum an.
Das wichtigste und das interessanteste Zifferblatt ist aber das grosse mittlere. Es stellt den Thierkreis mit seinen 12 Bildern dar und bewegen sich längs derselben 5 Zeiger. Das Blatt trägt auf seiner Innenseite eine Theilung in 360 Graden, während es nach Aussen zu die 365 Tage des Jahres aufgetragen hat und sind die Monate darüber geschrieben und die Tage von 5 zu 5 beziffert. Es sind eigentlich 4 Tagestheilungen übereinander gestellt, welche immer um 1/4 Tag gegeneinander vorgeschoben sind, wodurch der Schalttag seine Berücksichtigung findet. Die innere Gradtheilung hat ihren Nullpunkt an der Stelle, welche dem 21. März der äussern Theilung gegenüber liegt; markirt also den Frühlingspunkt, so dass sie die Längen der Gestirne angibt.
Der längste von den 5 Zeigern trägt ein vergoldetes Scheibchen, welches die Sonne vorstellt und bewegt sich derselbe in einem Jahre im Thierkreise herum. Ein kürzerer Zeiger, welcher an einer Excenterscheibe sitzt trägt das Mondscheibchen und vollführt derselbe seine Umläufe so, dass er die Längen des wahren Mondes angibt, während der mit ihm durch ein sternförmiges Schräubchen verbundene vergoldete Doppelzeiger die mittleren Längen weist. Das Mondscheibchen bleibt daher entweder hinter dem goldenen Nachbarzeiger zurück oder es eilt ihm etwas vor. Beide Zeiger brauchen gegen 27 1/3 Tage zu einem Umlaufe.
Ein vierter Zeiger, der auch nach beiden Seiten verlängert ist und die vergoldeten Buchstaben A (pogäum) und P (erigäum) trägt, gibt die Lage der Erdferne und Erdnähe des Mondes an, während der fünfte Zeiger die Richtung der Knotenlinie der Mondbahn gegen die Ekliptik angibt. Er ist als breiter vergoldeter Drache dargestellt, welcher auf einer Seite den Drachenkopf, (aufsteigender Knoten) und auf der andern Seite den Drachenschweif (absteigender Knoten) trägt. Der Apsidenzeiger muss daher 8 1/2 Jahre und der Drachenkopf 18 1/2 Jahre zu einem Umlaufe brauchen.
Aus der Stellung dieser 5 Zeiger gegeneinander kann man daher alle Constellationen von Sonne und Mond entnehmen.
In den Ecken um dieses Hauptzifferblatt sind noch vier kleine angebracht von untergeordneter Bedeutung. Links oben sind 7 verschiedene Musikstücke angegeben, welche ein Glockenspiel eine Minute vor Beginn des Stundenschlagwerkes abspielt. Dieselben sind genauso, wie sie von den Hämmern auf länglichen Stahlparallelpipede·anngeschlagen werden, auf dem beigegebenen Notenblatte, Tafel III., niedergeschrieben. Bei dieser, wegen der Verstimmung einiger Stahllammellen und Verbiegung mancher Spielstifte auf der Walze, nicht so leichten musikalischen Aufgabe hat mich Collega Prof. F.Hillebrand auf's beste unterstützt, wofür ich Ihm hier bestens danke. Wenn dieselben auch thematisch nicht so sehr hervorragend sind, so glaube ich doch, dass ihnen wegen der Originaltreue ein gewisses historisches Interesse zukommt.
Rechts gegenüber sind die Wochentage, links unten der Sonntagsbuchstabe des Kalenders und rechts gegenüber das Mondesalter mit den Vierteln angegeben.
Schliesslich ist noch die Jahreszahl in 4 Ausschnitten ersichtlich und stellt die Uhr die Einheiten und Zehner automatisch weiter, während die Hunderter und Tausender mit der Hand gerichtet werden müssen. Auf dem Plättchen für die Tausender sind die Zahlen 1, 2 und 3 enthalten, so dass der gute Pater noch auf ein Functioniren des Werkes im Jahre 3000 gehofft hat.
Ausser dieser Inschrift fanden sich nur unter den älteren Schriftstücken des physikalischen Institutes eine Beschreibung der Uhr mit Anweisungen für den Uhrmacher bei einer eventuellen Reinigung oder Reparatur derselben; ferners eine Anweisung für die astronomische Einstellung der Zeiger. Das erstere Schriftstück ist von Pater Aurelius selbst verfasst und wie sich herausstellte eine Abschrift, das zweite ist von dem damaligen Physik Professor Ignatz Weinhart geschrieben. Beide Schriftstücke tragen weder Datum noch Unterschrift.
Die einzige Stelle nun, wo dieser Uhr Erwähnung gethan wird, findet sich in einem der zahlreichen statistischen Werke von Ignatz de Luca, dem so verdienstvollen Historiker der Innsbrucker Universität.
In dem Werke: "Ignatz's de Luca, kaiserl. königl. Raths und Professors, Journal der Literatur und Statistik. Erster Band. Innsbruck mit Akademischen Wagner'schen Schriften 1782. Literatur. Versuch einer akademischen Gelehrten - Geschichte von der kaiserl. königl. Leopoldinischen Universität zu Innsbruck", wird bei Besprechung der philosophischen Fakultät § 71, p. 85 angeführt:
- (werden einige physikalische Apparate aufgezählt).
- (Werden die beiden berühmten, jetzt im Ferdinandeum aufgestellten, Globen des Peter Anich beschrieben).
- Eben daselbst steht eine astronomische Uhr, die keiner weiteren Empfehlung bedarf, da sie von dem geschickten Mechaniker Fr. David vom h. Cajetan Augustiner Barfüsserordens zu Wien verfertigt ist. Die verklärte Monarchin M. Theresia hat sie vor einigen Jaren dem Musäum geschenket. Der eigentliche Name des Fr. David ist: Cajetan Rutschmann, er ward zu Lämbach im Schwarzwalde am 5. Oktober 1726 geboren, betrieb das Schreinerhandwerk, und trat 1751 zu Mariabrunn in Niederösterreich in den Orden, im folgenden Jar am 22. März legte er die Profess ab. In seinem Orden widmete er sich ganz dem mechanischen Studium, und seinen glücklichen Fortgang darinnen zeigen am schönsten seine Werke, deren einige sein Kloster verwart. Man sehe des l. B. II. St. des gel. Oest. S. 296.«
Die Schenkung durch Maria Theresia hingegen hat sich als richtig herausgestellt, wodurch auch die Identität der durch de Luca erwähnten Uhr mit der vorliegenden gesichert ist.
In der Bibliothek des hiesigen Museums, Ferdinandeum, fanden sich nämlich die Rechnungen des physikalischen Kabinetes aus den Jahren 1751 bis 1780 im Manuskripte vor und zwar in dem Bande:
Dipauliana 1003, überschrieben als:
1776. Horologium astronomicum pretiosissimum, Viennae ab Augustiniano constructum et ex Munificientia Aug. mae nostrae per Excell. mum D. Gubernii praesidem circa initium Septembris Museo donatum.
1776: Eine sehr wertvolle astronomische Uhr, welche von einem Augustinermönche zu Wien verfertigt und durch die Huld unserer Kaiserin im Wege des h.Stattha1terei- Präsidiums zu Anfang September an das Cabinet geschenkt worden ist.
1776. Horologopego in additamentum mercedis pro impensa saepius opera horologium Viennense per itineris concussiones non nihil laesum plene reparandi, interim. 2 fl. 6 kr.
1777. Pro 3 Ponderibus plumbeis eorumque fulcro. 1 fl. 10 kr.
1777. Pro notabili augmento ponderum horologio Viennensi adjiciendorum (nempe 8 circiter librarum) pro ijs fundendis et nova capsa eorum aurichalcina 4 fl. 20 kr.
1777. Horologopego ter quaterve motum illius horologii restituenti 1 fl.
1778. In reparandum et a pulveribus expurgandum Viennense Horologium, volente Excell. mo Gubernio et laboris huius hoc pretium approbante. 13 fl. 24 kr.
1780. Horologopego pro frequentiore opera ad horologium Viennense. 1 fl.
1776. Dem Uhrmacher als Löhnungszulage für die öftere Bemühung um die durch den Transport beschädigte Wiener-Uhr vollständig zu repariren, einstweilen 2 fl. 6 kr.
1777. Für 3 Bleigewichte u. deren Gehäuse 1 fl. 10 kr.
1777. Für eine beträchtliche Vermehrung der Gewichte an der Wiener Uhr(um ungefähr 8 Pfund) für das Giessen derselben und für ein neues Gehäuse derselben aus vergoldeter Bronce 4 fl. 20 kr.
1777. Dem Uhrmacher für drei- oder viermalige Reparatur der Uhr. l fl.
1778. Für Reparatur der Wiener-Uhr und Reinigung derselben von Staub, nach Auftrag der h. Statthalterei, welche auch die Höhe der Kosten bewilligte 13 fl. 24 kr.
1780. Dem Uhrmacher für wiederholte Arbeit an der Wiener-Uhr 1 fl.
Am wichtigsten jedoch ist die Angabe der Beschädigung der Uhr beim Trausporte und die fortwährenden Versuche der Uhrmacher das Werk in Gang zu setzen. Es zeigten sich nämlich, als ich die Uhr ganz zerlegte, Verbiegungen an so massiven und wesentlichen Theilen, dass es sehr gut möglich ist, dass dieselben noch von der Reise vor 120 Jahren herrührten. Nach Beseitigung dieser Fehler war auch das Werk sofort in Gang gebracht und geht dasselbe nun schon über ein Jahr. Aus der sehr geringen Abnützung der Lager und Zapfen ist sogar ziemlich sicher zu vermuthen, dass die Uhr in Innsbruck überhaupt nie längere Zeit gegangen ist.
Wenn wir nun auf die Person des Constructeurs unserer Uhr näher eingehen wollen, so sehen wir, dass aus den hier vorhandenen Daten gar nichts über denselben zu erfahren ist und uns de Luca auf einen falschen Weg führt.
Trotzdem wollen wir diesen letzteren Weg verfolgen und wir werden sehen, dass er uns zur Beurtheilung des Werthes der Uhr und der Werthschätzung ihres Erzeugers von Wichtigkeit ist.
Zunächst folgen wir dem Citate von de Luca: Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch; des ersten Bandes zweites Stück, gedruckt mit von Ghelenschen Schriften. 1776. Es findet sich dort unter dem Abschnitte: "Die izt lebenden Künstler in den k. k. Staaten p. 269.
Die damalige Klosterverfassung ordnete an, dass jedes Kloster in seinen Laienbrüdern die nöthigen Handwerker besitze. Seine Geschicklichkeit bewirkte es nun, dass er im Kloster zu Maria Brunn nächst Wien aufgenommen und am 22. März 1754.zur Ablegung des Gelübdes zugelassen wurde. Er besass seltene Fertigkeit in mechanischen Arbeiten und in seiner Neigung für ernste Studien machte er sich an den Bau einer astronomischen Uhr, wobei seine Pünktlichkeit und Genauigkeit in den Berechnungen die Vollendung eines Werkes förderte, das seiner Zeit und später von fremden und Einheimischen bewundert wurde. Wie Gräffer meldet, »war das Meisterwerk eine Zierde des Wiener Augustinerklosters, nun (1835) befindet es sich verkäuflich in Privathänden, da die nahe Auflösung des Ordens eine öffentliche Versteigerung veranlasste« Ueber D.'s Bedeutenheit als Mechaniker geben zwei in jener Zeit erschienene Schriften näheren Aufschluss. Die von J. Rendler ausgegebene »Beschreibung und Erklärung der astronomischen Uhr von David a. S. Cajetano« (Wien 1771, 4 0 , mit 2 K. K.) und »Nachtrag« (1778); - und » Neues Rädergebäude oder Auflösung der Aufgabe, wie eine ununterbrochene Bewegung durch Räderwerk ausgeführt werden kann«. (Wien 1791, gr. 8 0 , mit K.) David war zuletzt Laienbruder bei den Augustinern nächst, der Burg in Wien.
(De Luca) das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1776, Ghelen. 8 0 ) I. Bds., 2. St., S. 296. - Oesterreichs Wallhalla (Wien 1849, A. Pichler, Kl. 8 0 ) S. 20, 59. - Oester. National-Encyklopädie (von Gräffer u. Czikann), (Wien 1835, 6 Bde) I. Bd. s. 688.
(Hofstäter) Magazin für Literatur und Kunst (Wien Kl. 8 0 ) IV. Jahrgang (1796) Bd. III. S. 278, Bd. IV. S. 250.
Kunitsch (Michael) Biographien merkwürdiger Männer der österr. Monarchie (Gratz 1805. Tanzer 8°) Bdchn. I. S. 71.
- Porträt Unterschrift: Frat. David Rutschmann. Ohne Angabe des Zeichners und Stechers (Wien, Medaillonformat, in Johns Punctirmanir von Putz?).
Noch ausführlicher ist dies in der Geschichte der Klerisey (Austria sacra) von Marian, Priesters des reformirten Ordens der Augustiner Barfüsser am Hofkloster zu Wien, Wien 1788, dargestellt. Daselbst wird aber noch einer zweiten astronomischen Uhr Erwähnung gethan, welche von Fr. David reparirt oder eigentlich umgebaut wurde. Es heisst dort p. 4:
Diese nun nach 23 jährigem Stillstande wieder ganz neu hergestellte und bereits volle 40 Jahre immer gut fortgehende probhaltende Kunstuhr gehöret eben dem löblichen Stadtmagistrat in Wien, der es in dem bürgerlichen Zeughause stäts aufgestellt bewahren und in der Woche nur einmal aufziehen l ässt, allwo auch im Jahre 1770 selbst Se. Majestät der Kaiser Josef II. unser itzt glorwürdigst regierender Monarch, wie auch die damals regierende K. K. M. Theresia, höchst sel. Angedenkens grosse Frau! samt dem Erzherzog und dem Grossherzoge von Toskana und dessen Gemahlin, Infantin von Spanien etc. den allergnädigsten Augenschein davon zu nehmen, und sich alles von dem Frater David, als dem künstlichen Wiederhersteller etc. genau erklären, sodann in einem herablassendsten Gespräche lhre beyderseitjge ausnehmendste Zufriedenheit und huldreichste Gewogenheit zu erkennen zn geben geruheten.«
Aus diesen Berichten ergibt sich unmittelbar der Bildungsgang Fr. Davids. Durch die Reparatur und theilweise Reconstruction der astronomischen Uhren von Christof Schener aus dem Jahre 1702 und von Johann Nestfeld vom Jahre 1754 war er auf dieses Gebiet gelenkt worden·und verfertigte inzwischen selbständig die grosse im Jahre 1769 vollendete Uhr der Augustiner Klosterbibliothek. Eine weitere David'sche Uhr beschreibt Regierungsrath Dr. Ilg in seinem Prachtwerke über das Palais Schwarzenberg am Heumarkt in Wien (Wien 1895, J. Löwy). Ilg hielt diese Uhr für die Augustiner Klosterbibliotheksuhr, welche verschollen war, und die sich jetzt im Besitze des hochw. Abtes von Zwettl befinden soll (Wie ich eben erfahre befindet sich diese Uhr seit dem Jahre 1866 daselbst, nachdem sie vorher ein ungarischer Magnat besessen hatte, von welchem sie der Wiener Uhrmacher Lutz erwarb. Von diesem gieng sie, reparirt und renovirt, um den niedrigen Preis von 1200 fl. in den Besitz des hochw. Herrn Prälaten von Zwettl A. Steininger über.)
In dem Monatsblatte des Altertums-Vereines zu Wien V. Bd., Nr. 4, April, 13. Jahrg. 1896 theilt nun Centralarchivsdirector des Fürsten Schwarzenberg Dr. A. Mörath mit, dass sich in der Hauptcassarechnung vom Jahre 1793 sowohl ein Posten von 700 fl. für den Bildhauer Vogl fand, welcher den "Uhrkasten von Mahoni-Holz zur künstlichen Uhr" verfertigt hatte, als auch ein Posten von 2000 fl. für den Uhrmacher Joseph Ruetschmann "für die nach Angabe des Frater David von Augustinern verfertigte und ordentlich zusammengesetzte mathematische Uhr" vorkommt. In der Quittung des Uhrmachers ist auch die Uhr genau beschrieben und der Anfertigungsauftrag durch den Fürsten Schwarzenberg angeführt. Es ist dadurch sichergestellt, dass sowohl diese Uhr noch die letzte David'sche ist, da dieser drei Jahre später starb, als auch, dass alle die früheren Historiker den Uhrmacher Jos. Ruetschmann, welcher in der letzten Zeit unter Anleitung David's arbeitete, mit diesem selbst zusammenwarfen. Der Inrrtum wurde durch den Italiener Freddy hervorgerufen, welcher in seiner "Descricione della citta di Vienna" daselbst 1801 I. pag. 158 den Uhrmacher Rutschmann bespricht und ihn David Rutschmann nennt und die Biographie Fr. Davids beilegt (Nach neueren Umfragen, die ich eben eingeleitet habe, scheint der Familienname Fr. Davids doch Rutschmann zu lauten und der Uhrmacher Jos. Ruetschmann ein Onkel David's und Bruder dessen Vaters Sebastian Rutschmann gewesen zu sein).
Wenn wir nun noch den Irrtum de Lucas hinzunehmen, der unsern Pater Aurelius unbewusst mit dem Fr. David identificirt hat, so hätten wir gar drei verschiedene Personen für den Fr. David.
Durch diese vielfachen ausführlichen Quellenangaben und Citate ist jedenfalls gezeigt, dass Fr. David ein seltenes mechanisches Talent und bei seinen Zeitgenossen genügend bekannt und gewürdigt war.
Es muss daher Wunder nehmen dass Pater Aurelius zur gleichen Zeit im selben Kloster befindlich ein gleiches Talent gewesen sein soll und von keinem seiner Zeitgenossen erwähnt wird. Insbesondere hätte man von Marian, welcher bestrebt war jeden seiner Mitbrüder, der in irgend einer Weise bemerkenswerth war, hervorzuheben, eine Andeutung erwarten sollen. Da Pater Aurelius Gefangenencurat war, so hoffte ich in den Wiener-Archiven in einem Personalregister oder Ordensverzeichnisse wenigstens die Sicherstellung der Person desselben zu erfahren. Leider musste ich mich überzeugen, dass gerade über diesen Zeitabschnitt fast nichts zu erfahren ist. Nach den mühsamsten und umständlichsten Nachforschungen und Umfragen erfuhr ich, durch die gütige Vermittlung des Herrn Centralarchivdirectors Dr. A. Mörath, von dem besten Kenner Geschichte des Augustinerordens dem hochw. Herrn Pater Cölestin Wolfgruber im Schottenstifte folgende Stelle aus den Protocollen über Kloster, Sacristei und Pfarre: "Nach der Aufhebung des Jesuitenordens übernahmen es die Augustiner, die Stelle des Armen-Sünder-Paters zu besetzen. Der Erste war Pater Aurelius, welcher am 13. October 1773 die Besuchung dieser Gefangenen in dem Amthaus angefangen hat." Dadurch ist wohl jeder Zweifel über die Existenz unseres Paters in seiner Eigenschaft als p. t. captivorum curatus behoben. Ueber sein Mechanisches Talent müssen wir seiner selbst verfassten Inschrift so viel Glauben schenken, dass er das Werk selbst verfertigt hat. Wie viel aber von demselben auf das "invenit" zu schieben ist, können wir erst bei der genauern Besprechung der Constructiou entscheiden.
Ich hatte Gelegenheit in die Schrift von J. Rendler über die grosse Fr. David'sche Uhr der Augustinerbibliothek Einsicht zu nehmen und besichtigte ich auch die Uhr im Palais Schwarzenberg in Wien. Ich ersah daraus, dass unsere Uhr ganz nach den Principien der David'schen Uhren gemacht ist. Gerade zwei mechanisch schwierig zu lösende Probleme, die Construction des Datumanzeigers und der Zeitgleichung sind in identischer Weise ausgeführt. Ebenso findet sich die vierfache Theilung der Tage für die drei gemeinen und das Schaltjahr am äussern Rande des Thierkreises genau ebenso an den David'schen Uhren. Es wäre nun doch zu merkwürdig, dass zur selben Zeit im selben Kloster zwei Constructeure in ganz unabhängiger Weise so complicirte Aufgaben in ganz gleicher Art gelöst hätten.
Da nun Fr. David zweifellos ein mechanisches Genie war, so denke ich mir Pater Aurelius als seinen gelehrigen und gewiss auch sehr talentvollen Schüler. Wie wir später sehen werden sind Einzelheiten vorhanden, welche ich auch der eigenen Erfindung des Pater Aurelius zuschreiben will, jedenfalls sind aber wesentliche Aenderungen in der Gruppirung und Wahl der darzustellenden astronomischen Daten gegenüber den David'schen Uhren vorhanden. Daraufhin fühlte er sich auch berechtigt sich den Erfinder dieses Werkes zu nennen.
Durch den Vergleich mit den David 'schen Uhren bekommen wir aber auch ein Urtheil über den damaligen Werth unserer Uhr. In den Dimensionen und den astronomischen Daten ähnelt dieselbe der Schwarzenberg-Uhr am meisten, nur ist die Ausstattung eine bescheidenere. Berücksichtigt man aber, dass die Schwarzenberg-Uhr 2700 fl. gekostet hat, so können wir für unser Werk mindestens 1500 und für den Kasten 300 fl. veranschlagen, so dass dieselbe damals sicher auf 2000 fl. Bewerthet wurde.
Die drei Triebwerke sind: links für das Spielwerk, in der Mitte für das Gehwerk und rechts für das Schlagwerk. Ihnen entsprechen die drei grossen 12 bis 15 Kilo schweren Gewichte, welche an dicken Darmseiten alle 8 Tage aufgezogen werden. Dieser Theil der Uhr ist sehr solide und kräftig gebaut und ganz in der Weise gearbeitet, wie man es jetzt noch bei grossen Uhren findet. Das Schlagwerk ist ein Repetierwerk und setzt jede Stunde immer zuerst das Spielwerk eine Minute früher ein und nach Ablauf desselben schlägt die Glocke die Stunde ab. Die Hemmungen sind Windfänge, genau so wie sie noch üblich sind und zeigt die Ausführung eine solche Gleichmässigkeit und Solidität, dass ich sie für die Arbeit eines Fachuhrmachers halte. Dieser Theil des Werkes scheint auch später wiederholt gereinigt worden zu sein, da er auffällig gegen das astronomische Werk abstach.
Wesentlich anders ist der zwischen Zifferblatt und erster Standplatte untergebrachte astronomische Werktheil. Dies ist Diletantenarbeit und ist insbesonders die Gleichmässigkeit der Zähne an manchen Rädern keine gute, wodurch auch die Bewegungen der Zeiger leiden und sind ausserdem grössere tote Gänge vorhanden, was bei starken Uebersetzungen sehr störend wirkt. Bei fachmännischer Ausführung hingegen müsste auch dieser Theil des Werkes tadellos functioniren.
Das ganze astronomische Räderwerk ist nun theils an der Rückseite und theils an der massiven Standplatte auf Stiften aufgesteckt und nur ab und zu sind kleine Träger für Räder mit Zapfenlagern angebracht. Dieser Theil des Werkes war ungemein vernachlässigt und enthielt auch jene Verbiegungen, welche ich noch dem Transporte vom Jahre 1776 zuschreibe.
Von dem mittleren Triebwerke, dem Gehwerke, geht nun ein Gestänge direct zur obern mittleren Zeituhr, welche noch mit der Sonnenuhr und dem Datumzeiger verbunden ist. Alle andern Zeiger erhalten ihren Antrieb von einer andern Stelle des Gewerkes.
Durch die massive Standplatte ragt nämlich eine einzige Achse des Gehwerkes hindurch, auf welche ein Zahnrad mit 12 Zähnen gekeilt ist. Dieses dreht sich in einer Stunde einmal herum und gibt den Antrieb für alle astronomischen Zeiger; es soll das Stundenrad heissen.
Die Uebertragung von diesem Rade weiter, geschieht durch Vermittlung eines Zwischenrades, welches auf einem Hebel sitzt, den man heranschieben oder wegrücken kann. Ist der Hebel emporgezogen, so ist die Verbindung des Gehwerkes mit den astronomischen Zeigern aufgehoben und man kann diesen Werktheil beliebig vor und zurück drehen, ohne den Gang der Uhr zu beeinflussen. Es hat dies den grossen Vortheil, dass man sich die Stellungen der Zeiger für beliebige Zeiten vorher oder nachher einstellen und so alle Constellationen, Mondesviertel, Finsternisse etc. beobachten kann. Dreht man das Werk, und zwar geschieht dies an dem Zeiger des kleinen Zifferblattes rechts mit den Wochentagen, dann wieder auf den eben herrschenden Zeitmoment, drückt den Hebel herab, so geht alles wieder seinen richtigen Gang weiter.
Man kann leicht das Schema entwerfen, wie die vier Hauptzeiger des grossen Thierkreiszifferblattes mit dem Stundenrade in Verbindung stehen. Im folgenden Schema sollen immer die Ziffern, welche in einer Reihe nebeneinander stehen, die Zahl der Zähne von Zahnkränzen bedeuten, welche auf derselben Achse sitzen. Von den untereinander geschriebenen Zahlen sollen dann immer jene durch einen Pfeil mit der oberen verbunden werden, welche als Zahnkränze ineinandergreifen.
Es folgen dann aufeinander:
Für den Sonnenzeiger folgt als Verhältnis zum Stundenrade:
Der Zeiger geht also in einem Jahre um 1·2 Min. zu spät und würde dies in 50 Jahren erst eine Stunde und in 1200 Jahren einen Tag ausmachen. Auf dem Thierkreiszifferblatte beträgt diese letztere Abweichung aber weniger als 1 Grad in Länge.
Der Mondzeiger ergibt:
Der Apogäumzeiger braucht:
Der Knotenzeiger schliesslich ergibt für seine Umlaufszeit:
Man kann also sagen, dass die Zeiger in 100 Jahren erst eben merkbare Abweichungen zeigen werden. Da nun dieselben aber alle nur durch Friction auf ihre Achsenhülsen gesteckt sind, so wird es genügen, wenn man dieselben einmal in dieser Zeit etwas verbessert.
Ich will nun noch zwei Constructionen, welche sich auch in gleicher Weise an den David'schen Uhren vorfinden, besprechen. Es sind dies der Datumzeiger und die Zeitgleichung, welche mit der Declination verbunden ist.
Fig.1
Auf dem Rade C sind aber concentrisch mit der Achsenwalze w eine Reihe von Stiften eingesetzt. Ist der nächste Monat ein solcher von 30 Tagen, so steht ein Stift der Nase d im Wege und sie stösst daher um einen Tag früher an, so dass sich das Zurückspringen auf den 1. und der Monatswechsel bereits am 30. ereignet. Beim folgenden Monat geht die Nase wieder zwischen zwei Stiften hindurch und stösst erst an der Welle w an. Vier Stifte sind nun noch weiter vom Centrum des Rades angebracht und zwar drei fast am Rande desselben und einer etwas näher. Es sind dies die drei Februare der gemeinen Jahre mit 28 Tagen und der vierte ist der Februar des Schaltjahres mit 29 Tagen; darum sind am Datumzeiger die Monate in vier Quadranten wiederholt. Ebenso sind die Stifte am Rade C viermal wiederholt, mit der Abweichung des Februarstiftes im Schaltjahre.
Der Mechanismus für die Darstellung der Zeitgleichung und Dec1ination der Sonne, ist in Fig. 2 angegeben. Mit einem Zahnrade A, welches sich in einem Jahre einmal herum dreht, sind zwei Schablonen B und C aus starkem Bleche verbunden. Die Schablone B hebt und senkt an der Gleitrolle r1 eine Zahnstange z1 , die in einer Führung cc nur auf- und abgehen kann. An einer durchgehenden Achse a, welche aussen den Zeiger trägt, sitzt ein Trieb, der in die Zahnstange greift. Die Schablone ist nun so geformt, dass die hin - und hergehende Zahnstange die Zeigerachse von einer Nullstellung aus nach vor- oder rückwärts im Sinne der positiven oder negativen Zeitgleichung im Jahre bewegt.
Die Schablone C ist nur eine excentrische Scheibe und schiebt dieselbe den Hebelarm H an der Gleitrolle r2 hin und her, so dass eine kleine Zahnstange z2 die Zeigerachse b vor- und zurückdreht im Sinne der wachsenden oder abnehmenden Declination der Sonne während eines Jahres.
Das vis à vis liegende Zifferblatt mit der Tag- und Nachtlänge ist mit dem Declinationszeiger parallelgekoppelt, so dass diese Zeiger sich stets parallel bleiben, da ja Sonnenaufgang, Tages- und Nachtlänge für einen bestimmten Ort nur von der Declination der Sonne abhängen.
Wenn auch aus dem Werke das Ingenium Frater David's uns entgegenleuchtet, so müssen wir doch ebenso die Geschicklichkeit, den Fleiss und die Begabung unseres Paters Aurelius bewundern; besonders wenn wir bedenken wie schwierig zur damaligen Zeit bei primitiven und schwer zugänglichen Bildungsmitteln, eine solche Fachkenntnis, wie sie die Construction und Ausführung eines solchen Werkes erfordert, zu erlangen war. Das physikalische Institut kann sich glücklich schätzen im Besitze eines so kostbaren und ingenieusen Kunstwerkes zu sein.
Innsbruck im Februar 1899.
In den Jahrbüchern der W. E. Augustinermönche nächst der k. Burg in Wien 1775, 76, 77, 78 (Tabulae mauscriptorum Nr. 12990 Suppl.660) findet sich:
- Vom Jahre 1775 pag.119.
Die Nonnen von der Heimsuchung Mariä hatten bisher die Stelle ihres ausserordentlichen Beichtvaters von den Jesuiten besetzt erhalten. Nach Auflassung dieses Ordens bitten sie um einen anderen und wird ihnen Pater Hieronymus à S. Rosalia vom Eremitenorden zugewiesen. Da sie nun mit ihrem ordentlichen Beichtvater und dem zweiten ausserordentlichen, Herrn Wurzer, nicht zufrieden waren, so wurde Pater Hieronymus als ordentlicher bestimmt und an die Stelle des Herrn Wurzer kam gegem Ende November 1775 "Pater Aurelius à S. Daniele pro tempore captivorum curatus." Als später ein neuer ordentlicher Beichtvater bestellt wurde, sprachen die Nonnen in einem eigenen Handschreiben dem Pater Hieronymus und Pater Aurelius ihren geistlichen Dank aus und beiden wurden vom Ordinariate weiterhin als ausserordentliche Beichtväter bestätigt. - Vom Jahre 1777 pag. 144.
"Pater Aurelius à S. Daniele pro tempore captivorum curatus" stellt der Kaiserin die Nothwendigkeit vor, für die Gefangenen eine eigene Messe zu halten. In Erledigung dieses Ansuchens wird durch die Regierung ein Kapital von 850 Gulden auf städtischen Grund angewiesen, dessen dreieinhalbpercentigen Zinsen Pater Aurelius und dessen Nachfolger jährlich geniessen sollen.
Pater Aurelius weiht dann auch im Auftrage des Weihbischofs mit sechs Patres seines Ordens am 10. August 1777 eine neue Gefangenenkapelle ein und liest dort die erste Messe.
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1 Ein Prof. D. Zallinger war nie an der Universität Innsbruck tätig, es handelt sich hier vermutlich um Franz Seraphim Zallinger.