Die Quantennatur von mit bloßem Auge sichtbaren Objekten ist aktuell eine vieldiskutierte Forschungsfrage. Ein Team um den Innsbrucker Physiker Gerhard Kirchmair hat nun im Labor eine neue Methode demonstriert, die die Quanteneigenschaften von makroskopischen Objekten leichter als bisher zugänglich machen könnte. Mit der Methode konnten die Forscher die Effizienz einer etablierten Kühlmethode um den Faktor 10 steigern.
Mit optomechanischen Experimenten versucht die Wissenschaft, die Grenzen der Quantenwelt auszuloten und eine Grundlage für die Entwicklung hochempfindlicher Quantensensoren zu schaffen. Dabei werden mit freiem Auge sichtbare Objekte über elektromagnetische Felder an supraleitende Schaltkreise gekoppelt. Damit Supraleiter richtig funktionieren, finden solche Experimente in Kryostaten bei einer Temperatur von rund 100 Millikelvin statt. Doch dies reicht noch bei weitem nicht aus, um wirklich in die Quantenwelt abzutauchen. Um an makroskopischen Objekten Quanteneffekte beobachten zu können, müssen diese mit speziellen Kühlmethoden bis knapp an den absoluten Nullpunkt gekühlt werden. Physiker um Gerhard Kirchmair vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) haben nun einen nichtlinearen Kühlmechanismus demonstriert, mit dem auch massive Objekte gut abgekühlt werden können.
Kühlleistung steigt überproportional
Die Innsbrucker Wissenschaftler koppeln in der aktuellen Studie das mechanische Objekt – in ihrem Fall ein schwingender Balken – über ein magnetisches Feld an den supraleitenden Schaltkreis. Dazu haben sie an den rund 100 Mikrometer langen Balken einen Magneten angebracht. Bewegt sich dieser, ändert das den magnetischen Fluss durch den Schaltkreis, dessen Herzstück ein sogenanntes SQUID, ein supraleitendes Quanteninterferometer, ist. Dessen Resonanzfrequenz ändert sich abhängig vom magnetischen Fluss, was mit Hilfe von Mikrowellensignalen gemessen wird. Auf diesem Weg kann der mikromechanische Oszillator bis nahe an den quantenmechanischen Grundzustand gekühlt werden. Weiters erklärt David Zöpfl aus dem Team um Gerhard Kirchmair: „Die Änderung der Resonanzfrequenz des SQUID-Schaltkreises in Abhängigkeit der Mikrowellenleistung ist nicht linear. Dadurch können wir bei gleicher Leistung das massive Objekt um den Faktor 10 stärker kühlen.“ Diese neue, einfache Methode ist vor allem für die Kühlung von massiveren mechanischen Objekten besonders interessant. Sie könnte die Grundlage für die Suche nach den Quanteneigenschaften von größeren makroskopischen Objekten sein, sind Zöpfl und Kirchmair überzeugt.
Die Arbeit entstand gemeinsam mit Wissenschaftler*innen in Kanada und Deutschland und wurde nun in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlich. Finanziell unterstützt wurden die Forschungen unter anderem vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und der Europäischen Union. Die Mitautoren Christian Schneider und Lukas Deeg sind oder waren Mitglieder des FWF-Doktoratskollegs Atome, Licht und Moleküle (DK-ALM).