Mit den Efimov-Zuständen wiesen Innsbrucker Quantenphysiker um Rudolf Grimm vor einigen Jahren ein bis dahin nur theoretisch bekanntes Phänomen erstmals im Experiment nach. Nun haben sie in einem ultrakalten Quantengas auch einen zweiten solchen Bindungszustand von drei Teilchen gemessen und damit den experimentellen Nachweis für die Periodizität dieses universellen physikalischen Phänomens erbracht.
Vor acht Jahren haben Wissenschaftler um Rudolf Grimm in einem ultrakalten Quantengas weltweit erstmals einen sogenannten Efimov-Zustand beobachtet. Diesen Dreikörperzustand hatte der Russe Vitali Efimov Anfang der 1970er-Jahre theoretisch vorhergesagt. Unter Ausnutzung der quantenmechanischen Eigenschaften vereinen sich dabei drei Teilchen zu einem Objekt, obwohl sie paarweise zu keiner Verbindung imstande sind. Noch erstaunlicher: Vergrößert man die Entfernung zwischen den Teilchen jeweils um den Faktor 22,7, nehmen die Teilchen laut Efimov erneut solche Zustände ein. Bis heute ist es aber nicht gelungen, die Periodizität dieses Phänomens und die Richtigkeit des von Efimov berechneten Faktors auch tatsächlich messtechnisch zu überprüfen. „Es hat viele Hinweise gegeben, dass die Teilchen immer wieder solche Dreikörperzustände einnehmen, wenn man die Entfernung um eben diesen Faktor vergrößert“, sagt Rudolf Grimm vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. „Der Nachweis war messtechnisch eine große Herausforderung, uns ist er nun aber gelungen.“
In großem Abstand aneinander gebunden
Ultrakalte Quantengase eignen sich hervorragend, um Teilchenphänomene experimentell nachzuweisen, weil sich die Wechselwirkung zwischen den Atomen über ein Magnetfeld sehr gut kontrollieren lässt. Mit dem aktuellen Experiment ging aber auch die Forschungsgruppe um Rudolf Grimm an die Grenzen des Möglichen, weil der Abstand zwischen den Teilchen für die Beobachtung des zweiten Efimov-Zustands auf einen Mikrometer vergrößert werden musste. „Das entspricht dem 20.000-fachen des Radius eines Wasserstoffatoms“, erklärt Grimm. „Im Vergleich zu einem Molekül ist das ein riesiges Gebilde.“ Entsprechend genau mussten die Physiker im Labor auch arbeiten. Die große Erfahrung mit ultrakalten Quantengasen und ihre hohe technische Kompetenz hat den Innsbrucker Physikern dabei geholfen. Der zweite Efimov-Zustand wurde im 21-fachen Abstand zum ersten Efimov-Zustand gefunden, bei einer Fehlertoleranz von 1,3. „Die kleine Abweichung ist vermutlich auf die Physik jenseits des idealisierten Efimov-Zustands zurückzuführen. Das ist wiederum ein spannendes Thema“, erklärt Rudolf Grimm.
Neues Forschungsfeld
Das Interesse der Wissenschaft an diesem physikalischen Phänomen ist deshalb groß, weil es universellen Charakter hat. So gilt das Gesetz in der Kernphysik, wo die so genannte starke Wechselwirkung für die Bindung der Teilchen in den Atomkernen verantwortlich ist, ebenso wie bei molekularen Verbindungen, die auf elektromagnetischen Kräften beruhen. „Die Wechselwirkungen zwischen zwei Teilchen und jene zwischen sehr vielen Teilchen sind sehr gut untersucht“, sagt Grimm. „Das Zusammenwirken weniger Teilchen zeigt aber neue Phänomene, die wir erst noch verstehen lernen müssen. Die Efimov-Zustände sind ein Beispiel dafür.“ Die gemeinsame Arbeit des Teams um Rudolf Grimm mit einem britischen Theoretiker wurde vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF finanziell unterstützt. Die Ergebnisse sind nun in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht worden.