[2013-07-08] Eine extrem empfindliche Methode für die Spektroskopie atomarer und molekularer Ionen haben Innsbrucker Quantenphysiker um Christian Roos und Cornelius Hempel im Labor realisiert. Das Verfahren ist dazu geeignet eine Vielzahl von Teilchen näher zu untersuchen. Die Forscher berichten darüber in der Fachzeitschrift Nature Photonics.
Vor knapp 200 Jahren entdeckte der bayrische Physiker Joseph von Fraunhofer im Spektrum der Sonne dunkle Linien. Wie sich später herausstellte, lässt sich anhand dieser Spektrallinien die chemische Zusammensetzung und Temperatur der Sonnenatmosphäre bestimmen. Auf ähnliche Weise werden heute durch Lichtmessungen Informationen über vielfältige Objekte gesammelt. Weil dabei oft sehr wenig Licht detektiert werden muss, suchen Physiker nach immer empfindlicheren Methoden für die Spektroskopie. Im Extremfall müssen dazu auch einzelne Lichtteilchen (Photonen) verlässlich gemessen werden, was technisch äußerst schwierig ist.
Physiker des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und des Instituts für Experimentalphysik der Universität Innsbruck nehmen deshalb den Umweg über die sogenannte Quantenlogik-Spektroskopie, die vor einigen Jahren in der Gruppe des Nobelpreisträgers David Wineland für den Bau extrem genauer Atomuhren entwickelt wurde. Dies ist eine der ersten praktischen Anwendungen von Quanteninformationsverarbeitung und könnte in den nächsten Jahren zur Neudefinition der Sekunde im internationalen Einheitensystem führen.
Messung mittels Verschränkung
In einer Ionenfalle isolieren die Innsbrucker Physiker einzelne Ionen, um sie unter kontrollierten Bedingungen untersuchen zu können. „Wir versuchen nicht das von einem Ion absorbierte oder ausgesandte Photon selbst zu detektieren, sondern stattdessen den Rückstoß, den es dabei erfährt“, erklärt Cornelius Hempel. „Zwar ist auch dieser Effekt extrem klein, er lässt sich aber mit Hilfe der Quantenphysik aufspüren.“ Dazu verwenden die Physiker ein zusätzliches „Logik-Ion“, an dem die eigentliche Messung durchgeführt wird. „Dieses Kalziumion (40Ca+) können wir experimentell sehr gut kontrollieren“, erzählt Hempel. Als Untersuchungsobjekt dient den Physikern um Christian Roos und Cornelius Hempel ein weiteres Isotop von Kalzium (44Ca+).
Im Experiment versetzt zuerst ein Laserpuls die beiden Teilchen in Schwingung und korreliert überdies den elektronischen Zustand des Logik-Ions mit der Schwingung der Teilchen. „In dieser als Schrödinger-Katzen-Zustand bezeichneten Konfiguration bewegen sich die Ionen wie ein klassisches Pendel in der Falle. Als ‚Quantenpendel’ schwingen sie dabei jedoch in beide Richtungen gleichzeitig“, beschreibt Cornelius Hempel das Herzstück des Verfahrens. „Wir regen nun das zu untersuchende Ion mit unterschiedlichen Laserfrequenzen an. Bei bestimmten Frequenzen wird das Ion ein einzelnes Photon aussenden und erfährt dadurch einen minimalen Bewegungsimpuls, der die Phase der überlagerten Schwingung geringfügig verschiebt. Das wiederum zeigt uns der elektronische Zustand des Logik-Ions an. Zusammen mit dieser Information, erlaubt es uns dann die Frequenz des Lasers, Informationen über den inneren Zustand des Spektroskopie-Ions zu gewinnen.“ Im aktuellen Experiment wurden einzelne Photonen mit einer Wahrscheinlichkeit von 12% detektiert. „Wir beweisen damit die prinzipielle Funktionsweise dieser Methode, mit einem technisch optimierten Aufbau lässt sich diese Empfindlichkeit noch wesentlich steigern“, sind Roos und Hempel überzeugt.
Universell einsetzbar
„Mit dem exotischen Konzept der quantenmechanischen Verschränkung können wir auf diese Weise also ganz praktische Informationen über einzelne Teilchen gewinnen“, freut sich Christian Roos. „Weil unsere Messmethode vergleichsweise wenig von der Wellenlänge des detektierten Photons abhängt, kann sie auch für ganz unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden“, ergänzt Cornelius Hempel. So lassen sich zum Beispiel Energieniveaus von verschiedensten Atomen und Molekülen auf dieses Weise bestimmen. Weil sich Moleküle im Experiment nur sehr schwer kontrollieren lassen, stellt dieses Verfahren gerade für komplexere Strukturen einen enormen Fortschritt dar.
Gefördert wurde die Forschungsarbeit am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck von der Europäischen Union.