[2013-12-02] Für ihre außerordentlichen Leistungen in der Erforschung der Quanteninformationstheorie wurde Barbara Kraus von der Universität Innsbruck mit dem Ignaz L. Lieben-Preis ausgezeichnet. Dieser älteste Forschungspreis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist mit 36.000 US-Dollar dotiert.
Am 28. November erhielt Barbara Kraus, assoziierte Professorin am Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck, den Ignaz L. Lieben-Preis 2013 der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) für ihre Forschungen zur Theorie der Quanteninformation und insbesondere der Quantenverschränkung. Der Ignaz L. Lieben-Preis ist der älteste Forschungspreis der ÖAW und wird für hervorragenden Leistungen in den Fachgebieten der Molekularbiologie, der Chemie oder der Physik vergeben. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von 36.000 US-Dollar verbunden.
Barbara Kraus untersucht Vielteilchensysteme und deren Quantenverschränkung. „Die Verschränkung von zwei Teilchen ist relativ gut erforscht, und es gibt auch schon viele Anwendungen dafür“, sagt die Physikerin. „Die Verschränkung von mehreren Quantenobjekte wird aber noch wenig verstanden. Das ist vermutlich auch der Grund dafür, warum es relativ wenige Anwendungen für verschränkte Vielteilchenzuständen gibt.“ Kraus verallgemeinert deshalb gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen das Prinzip der Quantenverschränkung von zwei Teilchen auf mehrere Objekte. „Dabei stellt sich dieses Quantenphänomen ganz anderes dar als noch bei zwei verschränkten Objekten“, sagt die Preisträgerin. Ihre Ideen sind sehr gefragt, weil Experimentalphysiker im Labor bereits acht, zehn oder mehr Quantenobjekte sehr gut kontrollieren können und damit solche Verschränkungszustände auch direkt untersuchen können.
Kraus versucht auch die Quantenverschränkung von sehr vielen Objekten zu verstehen. Dazu wählt sie eine Menge von möglichen Zuständen aus, die mathematisch einfach gefasst werden können. Ein weiterer Ansatz, den die Physikerin verfolgt ist die Komprimierung von bestimmten Quantenrechnungen. Dies ist zum Beispiel für Quantensimulationen interessant, bei denen Objekte mit Quantensystemen untersucht werden, die sehr gut kontrolliert werden können. „Wir können zum Beispiel Phasenübergänge untersuchen. Für Modelle, in denen es solche Phasenübergänge gibt, können wir die Berechnung von 256 Quantenbits auf 8 Quantenbits reduzieren und trotzdem das gleiche messen“, erklärt Barbara Kraus, die damit komplexe Fragenstellungen für heute verfügbare Experimente zugänglicher macht.
Hochrangige Auszeichnung
Der Ignaz-Lieben-Preis stellte bis 1937 den bedeutendsten Beitrag zur Förderung der Naturwissenschaften in Österreich dar. In seinem Testament verfügte Ignaz L. Lieben, dass die Summe von 6.000 Gulden „für das allgemeine Beste“ verwendet werden solle. Im Jahr 1863 wurde auf Initiative seines Sohnes, Adolf Lieben, dieser Betrag der damaligen kaiserlichen Akademie der Wissenschaften für die Ignaz L. Lieben-Stiftung zur Verfügung gestellt. 1938 musste der Ignaz L. Lieben-Preis wegen der Verfolgung der Stifterfamilie eingestellt werden. Durch die finanzielle Unterstützung von Alfred und Isabel Bader konnte der Preis im Jahr 2004 erstmals wieder ausgeschrieben werden. Mit dem Chemiker Ronald Micura wurde bereits 2005 ein Innsbrucker Forscher mit diesem Preis ausgezeichnet. Frühere Preisträger waren zum Beispiel Fritz Pregl, Victor Franz Hess und Lise Meitner.
Zur Person
Barbara Kraus wurde in Innsbruck geboren und hat hier Mathematik und Physik studiert. Nach der Promotion forschte sie am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching und an der Universität Genf. Als Elise-Richter-Stipendiatin des FWF kehrte sie 2006 an das Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck zurück. 2010 erhielt sie den START-Preis, Österreichs höchste Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, und 2011 den Boltzmann-Preis der Österreichischen Physikalischen Gesellschaft. Barbara Kraus habilitierte sich 2013 und ist seither assoziierte Professorin an der Universität Innsbruck.