Einen neuen Vorschlag für die Kopplung eines mikromechanischen Oszillators an einen supraleitenden Quantenschaltkreis präsentieren Physiker um Oriol Romero-Isart und Gerhard Kirchmair in der Fachzeitschrift Physical Review Letters. Das Experiment soll demnächst in Innsbruck umgesetzt werden und neue Einblicke in die Quanteneigenschaften von makroskopischen mechanischen Systemen liefern.
Nicht nur elementare Quantensysteme wie Photonen, Elektronen oder Atome unterliegen den Gesetzen der Quantenphysik. Auch winzige, mechanisch schwingende Objekte sind bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt diesem Regime unterworfen. Physiker in aller Welt versuchen seit Jahren die Eigenschaften solcher mechanischer Systeme experimentell zu erforschen. Der Theoretiker Oriol Romero-Isart und der Experimentalphysiker Gerhard Kirchmair haben nun gemeinsam mit Guillem Via ein Experiment vorgeschlagen, das Unzulänglichkeiten früherer Ansätze überwinden helfen könnte. Während in bisherigen Untersuchungen der mechanische Oszillator über elektrische Felder an den supraleitenden Schaltkreis gekoppelt wurde, schlagen die Innsbrucker Physiker nun eine magnetische Kopplung der beiden Systeme vor.
Quanteneffekte in mechanischen Systemen
Dazu wird auf der Spitze des Oszillators – der wie ein winziges Sprungbrett aussieht – ein schmaler supraleitender Streifen angebracht. „Supraleiter haben die Eigenschaft, dass sie das Magnetfeld verdrängen“, erklärt Oriol Romero-Isart. „In der Physik ist das als Meißner-Effekt bekannt. Bewegt sich die Spitze des mechanischen Oszillators und mit ihr der Supraleiter, verschiebt er dadurch auch das umliegende Magnetfeld.“ Diese extrem minimalen Magnetfeldänderungen lassen sich mit sogenannten Quanteninterferenzeinheiten (SQUID) – einer Technologie, die zum Beispiel auch zum Messen von Hirnströmen eingesetzt wird – in dem darüber liegenden supraleitenden Schaltkreis sehr präzise messen. „Mit diesem Ansatz sollten wir in einen Bereich vordringen, in dem wir die für Quanteneffekte wichtige ‚starke Kopplung’ zwischen dem mechanischen Objekt und dem Schaltkreis erzeugen können“, ist Gerhard Kirchmair überzeugt. Der Experimentalphysiker hat die Technologie der supraleitenden Quantenschaltkreise in Innsbruck in den letzten Jahren etabliert.
Gelingt der Versuch, können die Physiker den mechanischen Oszillator auf diesem Weg in den Grundzustand kühlen und in exotische Quantenzustände bringen. „Wir wollen dann zum Beispiel sogenannte Schrödinger-Katzen-Zustände erzeugen, in denen der Oszillator gleichzeitig in die eine und die andere Richtung schwingt“, sagt Kirchmair, der bereits in den nächsten Wochen mit den Vorbereitungen für das Experiment beginnen will. In Zukunft ließen sich mit diesem neuen System zum Beispiel auch hochpräzise Kraft- oder Beschleunigungssensoren bauen.
Die Forscher präsentieren ihr Vorhaben nun in der Fachzeitschrift Physical Review Letters. Finanziell unterstützt wurden sie bei der Arbeit vom Europäischen Forschungsrat (ERC) und dem österreichischen Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft.
Karrieremodell für die Zukunft
Gerhard Kirchmair und Oriol Romero-Isart haben 2013 auf fünf Jahre befristete Professuren an der Universität Innsbruck angetreten und sind gleichzeitig als Junior Research Directors am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beschäftigt. Die Einrichtung ihrer Arbeitsgruppen geht auf eine Initiative von Peter Zoller zurück, der damit ein Beispiel für ein Tenure-Track-ähnliches Verfahren etablieren wollte, das jungen Wissenschaftlern bessere Möglichkeiten an den österreichischen Universitäten bietet.