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Eine neue Methode erlaubt es den Wissenschaftlern, Atome zwischen steilen Wänden einzufangen. (Illustration: N.Beier/JQI)

In einer neuartigen Lichtlandschaft können ultrakalte Atome noch näher zusammenrücken. Ein entsprechendes Konzept hat ein Team von Wissenschaftlern des Joint Quantum Institute (JQI) und des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) in Innsbruck kürzlich publiziert.

Wenn Quantenteilchen zusammenkommen und miteinander sprechen, kann es zu exotischen Quanteneffekten kommen. Solche Prozesse zu verstehen, ist eine Herausforderung für die Wissenschaft, denn die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen können schwer zu erkennen und noch schwieriger zu kontrollieren sein. Darüber hinaus haben moderne Computersimulationen Mühe, die komplexe Dynamik, die in einer großen Gruppe von Teilchen vor sich geht, zu verstehen. Glücklicherweise können Atome, die auf Temperaturen nahe dem Nullpunkt abgekühlt sind, Aufschluss über dieses Problem geben.

Laser können kalte Atome dazu bringen, die Physik anderer Systeme nachzuahmen - ein Ansatz, der für Atomphysiker ein vertrautes Terrain ist. Sie benutzen regelmäßig sich kreuzende Laserstrahlen, um Atome in einer Potentiallandschaft aus sanften Hügeln und Tälern, die als optisches Gitter bezeichnet werden, einzufangen. Stark abgekühlte Atome haben nicht ausreichend Energie, um die Hügel hinaufzusteigen und bleiben in den Tälern liegen. In dieser Umgebung verhalten sich die Atome ähnlich wie die Elektronen in der Kristallstruktur von Festkörpern, so dass dieser Ansatz eine unkomplizierte Möglichkeit bietet, Wechselwirkungen innerhalb realer Materialien kennenzulernen.

Die herkömmliche Art und Weise solche optischen Gitter herzustellen, stößt allerdings auf Grenzen. So bestimmt die Wellenlänge des Laserlichts die Lage der Hügel und Täler und der Abstand zwischen benachbarten Tälern - also der Abstand zwischen den Atomen - kann nur auf die Hälfte dieser Wellenlänge geschrumpft werden. Die Annäherung der Atome an diese Grenze könnte viel stärkere Wechselwirkungen zwischen ihnen auslösen und Effekte offenbaren, die ansonsten im Dunkeln bleiben.

Nun hat ein Team von Wissenschaftlern des Joint Quantum Institute (JQI) in Maryland Forschern des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) in Innsbruck die Wellenlängenbegrenzung umgangen, indem es die den Atomen innewohnenden Quanteneigenschaften wirksam einsetzt. Mit der neuen Technik gelingt es, die sanften Gitterhügel in steile Wände zu pressen, die nur um ein Fünfzigstel der Wellenlänge des Lasers voneinander entfernt sind - 25 Mal schmäler als mit herkömmlichen Methoden möglich. Die Arbeit, die auf zwei theoretischen Vorschlägen basiert, wurde kürzlich in Physical Review Letters veröffentlicht.

In den meisten optischen Gittern werden Atome durch wiederholte Absenkungen der Intensität des Laserlichts angeordnet - ein Mechanismus, der auch mit Objekten wie Bakterien oder sogar Glasperlen funktioniert. Dies ignoriert jedoch viele inhärente Quanteneigenschaften der Atome. Im Gegensatz zu Glasperlen können Atome, die durch Laserlicht bestimmter Farben angeregt werden, intern zwischen verschiedenen Quantenversionen von sich selbst, den sogenannten Quantenzuständen, umschalten. Das Team nutzt diese Eigenschaft, um Gitter zu bauen, die die sanften Hügel durch stachelige Wände ersetzen.

„Der Trick ist, dass wir uns nicht allein auf die Intensität des Lichts verlassen", erklärt Yang Wang, Postdoc am JQI und Hauptautor der Arbeit. Stattdessen nutzen wir Licht als Werkzeug, um einen quantenmechanischen Effekt zu ermöglichen. Und das schafft die neue Art von Potentiallandschaft für die Atome."

Um dieses Gitter zu schaffen, fangen die Forscher die Atome in einem zweifarbigen Lichtmuster ein. Jede Farbe wird so gewählt, dass sie den internen Zustand eines Atoms selbstständig verändern kann. Wenn sich die beiden Farben überlappen, übernimmt die intensivere Farbe an jedem Punkt die Verantwortung und entscheidet, welchen internen Zustand das Atom annimmt. Dieses Muster ist nicht glatt - es gibt weite Täler, in denen das Atom einen Zustand bevorzugt, unterbrochen durch dünne Streifen, in denen es wechseln soll. Die Regeln der Quantenmechanik schreiben vor, dass jedes Mal, wenn ein Atom seinen Zustand ändert, das Atom Energie abgeben muss, genau wie beim Besteigen eines Hügels. Während ein sanfter Übergang für das Atom wie ein Sonntagsspaziergang erscheinen mag, entwickeln sich große Veränderungen über kürzere Distanzen schnell zu einer immer steileren Wanderung. Im Experiment sind die dünnen Streifen im Inneren des Lichtmusters so schmal, dass sie für das Atom wie unüberwindbare Wände aussehen, so dass es sie vermeidet und dazwischen stecken bleibt.

Diese steilen Wände sind ein wichtiger erster Schritt, um Atome noch näher zusammenzurücken. Die neue Technik bietet den Teilchen immer noch viel Platz, um sich in den weiten, flachen Ebenen fortzubewegen. Die Forscher planen allerdings, diese Freiheit weiter zu verringern, indem sie zusätzliche Barrieren einfügen. „Wenn wir die Atome Schritt für Schritt weiter eingrenzen, sollten Quanteneffekte zwischen den Atomen immer wichtiger werden", sagt Trey Porto, ein JQI Fellow und Mitautor. „Das hat einen praktischen Nebeneffekt, denn dies erhöht auch die Temperatur, bei der wir sein müssen, um merkwürdiges Quantenverhalten zu sehen. Die Kühlung ist ziemlich schwierig, es würde also die Physik, nach der wir streben, leichter erreichbar machen."

Das Forscherteam sagt, dass dieses Werkzeug auch für zukünftige Experimente in der Quantenchemie nützlich sein könnte, da es den Wissenschaftlern erlaubt, Atome nahe genug zusammenzurücken, um kleinräumige, gut kontrollierte Reaktionen zu ermöglichen.

(Nina Beier/Christian Flatz)