In einer Spezialausgabe der Fachzeitschrift Nature Physics heben Francesca Ferlaino und Matthew Norcia das große Potential von ultrakalten Quantengasen aus Lanthanoiden hervor. Trotz ihrer Komplexität sind sie für die experimentelle Forschung vergleichsweise leicht zugänglich und bieten vielfältige Möglichkeiten für Grundlagenforschung und Anwendung.
25 Jahre nach der ersten Erzeugung von Bose-Einstein-Kondensaten veröffentlicht die Fachzeitschrift Nature Physics eine Fokus-Ausgabe zu den Entwicklungen im Feld der ultrakalten Quantengase und zu deren Potential in der Zukunft. In welche Richtung werden sich zum Beispiel Atom-Mikroskope, optische Pinzetten oder neue Laserfallen entwickeln? Welches Potential in Quantengasen aus Lanthanoiden liegt, haben Francesca Ferlaino und Matthew Norcia vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in einem Übersichtsartikel der Sondernummer ausführlich dargelegt. Als vor drei Jahrzehnten damit begonnen wurde, ultrakalte Quantengase zu kondensieren, wurden dafür einfache Teilchen aus der Gruppe der Alkali- oder Erdalkaliatome, mit nur einem oder höchstens zwei Elektronen in ihren äußeren Schalen, wie Lithium oder Rubidium, ausgewählt. Mit ihnen wurden auch die ersten Bose-Einstein-Kondensate realisiert, was 2001 mit der Verleihung des Physik-Nobelpreises an Eric Cornell, Wolfgang Ketterle und Carl Wieman gefeiert wurde.
Ein Jahrzehnt später begannen erste Forschungsgruppen, darunter ein Team um Francesca Ferlaino an der Universität Innsbruck, mit der Kondensation von komplexeren Teilchen, den Lanthanoiden. Dies sind silbrig-glänzende, relativ weiche und reaktionsfähige Metalle. Deren Atome haben viele Elektronen in ihren äußeren Schalen und sie sind noch dazu magnetisch. „Das klingt auf den ersten Blick so, als würde man sich das Leben unnötig kompliziert machen, und damals war nicht klar, ob diese Elemente genauso kondensieren kann wie die einfacheren“, sagt Ferlaino. „Wie sich dann, nach langer Arbeit herausstellte, waren die Lanthanoide, insbesondere das Erbium, aber ein Glücksgriff: Wegen der vielen Möglichkeiten, Photonen zu absorbieren, ist das Abkühlen sogar einfacher. Und durch die vielfältigen Arten, mit denen diese Atome wechselwirken, lassen sich ganz neuartige Experimente durchführen.“ So gelang es dem Team um Francesca Ferlaino 2012 erstmals Erbium zu kondensieren. Inzwischen haben viele Forschungsgruppen dieses Potential erkannt und es arbeiten heute weltweit zahlreiche Teams an ultrakalten Quantengasen von komplexeren Elementen. In dem Übersichtsartikel in Nature Physics stellen Ferlaino und Norcia die Eigenschaften der Lanthanoide dar und arbeiten das darin liegende Potential für die Forschung hervor.