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Bild: Acht Kalziumionen in einer Paul-Falle gefangen

[2005-11-30] In Innsbruck ist es erstmals nachweislich gelungen, eine größere Anzahl von Atomen miteinander zu verschränken. Die Forscher um Univ.-Prof. Dr. Rainer Blatt und Dr. Hartmut Häffner berichten darüber in der aktuellen NATURE-Ausgabe. Weltweit zum ersten Mal wurde ein so genanntes "Quantenbyte (Qubyte)" realisiert, indem acht Ionen kontrolliert verschränkt wurden.

Die Erzeugung eines "Quantenbytes" gilt als wichtiger Schritt auf dem Weg zum Quantencomputer. "Dass wir dieses Ziel als erste erreicht haben, ist eine Bestätigung für die erfolgreiche Arbeit der Innsbrucker Quantenphysik", freut sich Prof. Rainer Blatt. "Für unsere Forschung ist allerdings entscheidend, dass wir mit diesem Experiment nun ein Werkzeug zur Hand haben, mit dem wir die Prozesse der Quanteninformationsverarbeitung sehr genau studieren können", so Blatt weiter. In enger Zusammenarbeit mit den Theoretikern Dr. Otfried Gühne und Dr. Wolfgang Dür aus der Innsbrucker Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Hans J. Briegel haben die Wissenschaftler um Rainer Blatt und Hartmut Häffner gezeigt, dass sie vier, fünf, sechs, sieben oder acht Ionen auf kontrollierte Art und Weise verschränken können. Die Kalzium-Ionen werden dazu mit elektromagnetischen Feldern in einer Ionenfalle eingefangen, in einer Reihe nebeneinander angeordnet und mit ausgeklügelter Lasertechnologie in so genannten W-Zuständen verschränkt.

Aufwändige Messung

Die eigentliche Schwierigkeit in dem Experiment war der Nachweis, dass die Teilchen tatsächlich miteinander verschränkt sind. Es mussten rund 650.000 Messungen durchgeführt werden, um die acht "Quantenbits (Qubits)" durch Zahlen beschreiben zu können. Allein dieser Messprozess nahm über zehn Stunden in Anspruch. Die Berechnung der Zahlen und deren Umsetzung in eine grafische Darstellung auf einem Hochleistungscomputer der Universität dauerte gleich mehrere Tage. Dies deutet bereits die hohe Überlegenheit der Quanteninformationsverarbeitung gegenüber herkömmlichen Computern an. "Was mit den acht Qubits in etwa einer Millisekunde passiert, kann mit einem normalen Rechner nur in vielen Stunden berechnet und charakterisiert werden", erklärt Prof. Blatt. Das erfolgreiche Experiment beweist auch: Ionenfallen, wie sie in Innsbruck verwendet werden, stellen die derzeit vielversprechendste Technologie für die Umsetzung größerer Rechenräume dar. Im Fall der acht Ionen besteht dieser Rechenraum aus 65.536 zum Großteil unabhängigen Elementen.

Quantenhochburg Innsbruck

Der Gruppe um Prof. Rainer Blatt ist bereits im letzten Jahr die erste Teleportation mit Atomen gelungen. Das aktuelle Experiment unterstreicht einmal mehr die führende Stellung der Innsbrucker Quantenphysik, die sowohl national als auch international hohes Ansehen genießt. Mit der engen Kooperation von Theoretikern und Experimentalphysikern und der roßen Dichte an hochqualifizierten Forschern um die Professoren Rainer Blatt, Hans J. Briegel, Rudolf Grimm und Peter Zoller hat sich in Innsbruck in den letzten Jahren eine Hochburg der Quantenphysik herausgebildet. Entscheidenden Beitrag dazu leisten die Österreichische Akademie der Wissenschaften mit dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI), der Österreichische Wissenschaftsfonds mit einem österreichweiten Spezialforschungsbereich und die Europäische Union sowie Land Tirol, Stadt Innsbruck und die Tiroler Industrie. Der neuerliche Erfolg der Innsbrucker Quantenphysiker bahnt den Weg für ein noch besseres Verständnis zukünftiger Quantencomputer und bietet den Physikern erstmals die Möglichkeit für ausführliche Analysen der Verschränkung von mehreren Teilchen.