[2007-10-05] Das renommierte Institute of Physics (IOP) zeichnet Anton Zeilinger mit dem neu geschaffenen internationalen Preis aus. Der Quantenphysiker wird insbesondere für „seine bahnbrechenden konzeptionellen und experimentellen Beiträge zu den Grundlagen der Quantenphysik, die zu Meilensteinen der sich rasch entwickelnden Forschung im Bereich der Quanteninformation geworden sind“, gewürdigt.
Das IOP, eine internationale Physik-Organisation mit Sitz in England und mehr als 34.000 Mitgliedern, hat mit der Isaac Newton Medaille einen neuen internationalen Preis geschaffen, der einem herausragenden Physiker oder einer herausragenden Physikerin zugesprochen werden soll. Neu ist dabei, dass dieser Preisträger unter allen Physikern der Welt und allen Teildisziplinen der Physik ausgewählt wird – das Verfahren ist also sehr selektiv. Das IOP begründet die Auszeichnung Anton Zeilingers damit, dass er ein Pionier der Grundlagenforschung zur Quantenphysik sei, insbesondere im Bereich der Quanteninformation. Seine tiefreichenden Erkenntnisse über die Realität und den Mikrokosmos – wie sie von der Quantentheorie beschrieben werden – sowie seine außerordentliche Fähigkeit, neue Ideen und Konzepte in innovativen Experimenten umzusetzen, habe die Scientific Community begeistert und auch die Fantasie der interessierten Laien beflügelt.
Wegweisende Experimente
Professor Zeilinger begann seine wissenschaftliche Karriere mit Untersuchungen zur Wellennatur von Materie. Quanteninterferometrie mit Neutronen – zusammen mit Kollegen wie dem Wiener Helmut Rauch und Nobelpreisträger Cliff Shull am MIT – waren gefolgt von hoch beachteten Experimenten zur Atominterferometrie. Sein Team war weltweit das erste, das die Welle-Teilchen Dualität an großen Molekülen nachweisen konnte und sich dem Verständnis des Übergangs zwischen Quantenphysik und klassischer Physik an diesen Systemen widmete. Anton Zeilinger schuf vor allem auch neue experimentelle Fakten in der bis heute ungebrochenen Debatte zur Interpretation der Quantenphysik und der Bedeutung von Realität und Lokalität. Seit den 90er Jahren untersuchte er in einer Serie von vielbeachteten Experimenten das Wesen von verschränkten Lichtteilchen. Seine Gruppe gehört weltweit zu den führenden Teams, wenn es um das Verständnis und die Anwendung polarisationsverschränkter Photonen geht. Und die Anwendungen in der Informationstechnologie kristallisieren sich täglich klarer heraus, insbesondere im Bereich der Quantenkommunikation, der Quantenverschlüsselung und für neue quantengestützte Rechenmethoden.
Förderer des Nachwuchses
Anton Zeilinger ist nicht nur einer der drei Namenspatrone der Greenberger-Horne-Zeilinger Zustände sondern auch ihr „Vater“: Seine Gruppe war weltweit die erste, die diese Zustände mit Photonen experimentell auf die Welt brachten. Solche Zustände erlauben es, bestimmte physikalische Modelle unserer Realität experimentell von der Quantenphysik zu unterscheiden und die Richtigkeit und Vollständigkeit der Quantenphysik mit all ihren „Seltsamkeiten“ zu untermauern. Ähnliche Physik trug auch zur Quantenteleportation photonischer Zustände bei – ein Experiment das Anton Zeilinger weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt machte. Viele junge Wissenschaftler, die in seinem Umfeld arbeiteten, haben von Zeilingers Inspiration profitiert. Rund ein Dutzend heutiger akademischer Kollegen hat einen wichtigen Teil der wissenschaftlichen Entwicklung bei Anton Zeilinger verbracht, bevor sie auf eigene Professuren berufen wurden. Die Isaac Newton Medaille wird an Anton Zeilinger am 24. Jänner 2008 in London überreicht.
Zur Person Anton Zeilingers
Anton Zeilinger wurde 1945 in Ried im Innkreis geboren. Er hatte Professuren inne am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT, Cambridge), an der TU München, der TU Wien, der Universität Innsbruck, der Universität Melbourne und am Collège de France in Paris. Er wurde mit zwei Ehrendoktoraten ausgezeichnet und ist Träger des ‚Orden pour le mérite für Wissenschaft und Künste‘. Er ist Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Akademien, darunter der Leopoldina, der Academia Scientiarum et Artium Europaea sowie der Österreichischen, Berlin-Brandenburgischen, Slovakischen und Serbischen Akademie der Wissenschaften. Zu seinen internationalen Auszeichnungen zählen unter anderem der King Faisal Preis, der Europäische Descartes Preis, der European Optics Prize, die Lorenz-Oken-Medaille und der Sartorius Preis. Österreich ehrte Zeilinger schon mit dem Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, die Stadt Wien tat dies unter anderem mit dem Wissenschaftspreis und dem Großen Goldenen Ehrenzeichen. Anton Zeilinger ist derzeit Wissenschaftlicher Direktor am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der ÖAW. Als Dekan leitet er die Fakultät für Physik der Universität Wien.