[2009-10-19] Für ihre Forschungen zu exotischen Quantengasen erhält die gebürtige Italienerin Francesca Ferlaino aus der Forschungsgruppe um Rudolf Grimm einen START-Preis. Es ist dies die höchste Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftler in Österreich.
Die Universität Innsbruck unterstreicht einmal mehr ihre führende Rolle als Forschungsuniversität in Österreich. Wie in den vergangenen Jahren kommt auch heuer eine START-Preisträgerin aus ihren Reihen: Francesca Ferlaino forscht seit 2006 in der Arbeitsgruppe von Wittgenstein-Preisträger Rudolf Grimm, die sich mit ultrakalten Quantengasen beschäftigt und regelmäßig mit international beachteten Forschungsergebnissen aufhorchen lässt. Quantengase haben außergewöhnliche Eigenschaften und bieten ideale Möglichkeiten, um grundlegende Fragen der Physik im Detail zu studieren. Insbesondere sind sie als Modellsysteme für die Untersuchung der Eigenschaften von Festkörpern gut geeignet. Seit der Realisierung der ersten Bose-Einstein-Kondensate im Jahr 1995 hat sich dieses Forschungsfeld enorm ausgeweitet, und heute werden bereits verschiedenste Atomsorten experimentell untersucht.
Dem Quantenmagnetismus auf der Spur
Francesca Ferlaino wird in ihrem START-Projekt ein neues, exotisches Element für Experimente mit quantenentarteten Gasen und stark korrelierten Systemen verwenden: Erbium, ein sehr seltenes und bisher wenig beachtetes Metall. „Es ist ein vielversprechender Kandidat für die geplanten Experimente, weil es vergleichsweise schwer ist und einen stark magnetischen Charakter besitzt“, sagt Ferlaino. Diese beiden Eigenschaften lassen ein extremes dipolares Verhalten solcher Quantensysteme erwarten. Überdies existieren von diesem Element zahlreiche Isotope, von denen eines fermionische Eigenschaften hat. Damit lassen sich auch stark wechselwirkende Fermi-Gase erzeugen. Kein anderes Element, das bisher für Quantengas-Experimente eingesetzt wird, bietet diese einzigartige Kombination von Eigenschaften. „Die Wahl von Erbium wird damit neue Einblicke in die komplexen Wechselwirkungseigenschaften stark korrelierter Systeme ermöglichen und bietet vor allem neue Ansatzpunkte für die Untersuchung des Quantenmagnetismus mit kalten Atomen“, sagt die START-Preisträgerin. „Diese magnetischen Eigenschaften konnten in bisherigen Experimenten nur unzureichend analysiert werden.“
Ideales Forschungsumfeld
Francesca Ferlaino wurde 1977 in Neapel, Italien, geboren. Sie hat an der dortigen Universität Physik studiert und an der International School of Advanced Studies (ISAS) in Triest eine Masterarbeit abgeschlossen. Das Doktoratsstudium absolvierte Ferlaino an der Universität Florenz und dem dortigen European Laboratory for Non-Linear Spectroscopy (LENS). 2006 kam sie als Gastwissenschaftlerin in die Forschungsgruppe von Wittgenstein-Preisträger Rudolf Grimm nach Innsbruck. 2007 erhielt sie ein Lise-Meitner-Stipendium des Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF. Seit 2009 ist Francesca Ferlaino wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck. Hier verfügt sie über ein ideales Forschungsumfeld, das sowohl experimentelle als auch theoretische Arbeitsgruppen an der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) umfasst.
Höchstdotierte Nachwuchsförderung in Österreich
Der START-Preis des Wissenschaftsministeriums wird durch den FWF vergeben und stellt mit bis zu 200.000 Euro pro Jahr die höchstdotierte Förderung von Nachwuchsforscherinnen und -forschern dar. Die Preisträger werden von einer internationalen Fachjury ausgewählt. Junge Forscherinnen und Forscher sollen aufgrund ihrer bisher geleisteten wissenschaftlichen Arbeit die Chance erhalten, in sechs Jahren finanziell weitgehend abgesichert, ihre Forschungsarbeiten zu planen und eine eigene Arbeitsgruppe aufzubauen. Nach drei Jahren haben sie sich einer Zwischenevaluierung zu stellen. 2008 erhielt Alexander Kendl vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck einen START-Preis, 2007 Kathrin Breuker vom Institut für Organische Chemie, Thomas Lörting vom Institut für Physikalische Chemie sowie Otfried Gühne vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation. 2006 sind unter anderem die beiden Innsbrucker Quantenphysiker Hartmut Häffner und Piet Schmidt ausgezeichnet worden.