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Bild: Peter Zoller

[2009-12-22] Peter Zoller hat gemeinsam mit amerikanischen Forschern ein neues Modell entwickelt, das die Beobachtung des Quantenverhaltens kleiner quantenmechanischer Systeme ermöglichen soll. Der in der Zeitschrift PNAS publizierte Beitrag eröffnet neue Möglichkeiten zur Beschreibung der Eigenschaften der Quantensuperposition und -verschränkung in zunehmend größeren und komplexeren Systemen.

Die Hauptschwierigkeit bei der Beobachtung des Quantenverhaltens kleiner mechanischer Systeme liegt in der Unterdrückung der Wechselwirkungen zwischen dem System und seiner Umgebung, die störend auf das System wirkt. Diese störenden Wechselwirkungen können sich aus dem Kontakt mit der Umgebung oder jeglichem anderen Einfluss von außen ergeben. Zum Beispiel können willkürlich in der Umgebung auftretende thermische Vibrationen auf das mechanische System übertragen werden und dessen empfindliche Quanteneigenschaften zerstören. Um diesem Problem entgegenzuwirken, haben international einige Forschungsgruppen damit begonnen, mit kryogenischen Modellen zu experimentieren, wobei die unmittelbare Umgebung auf eine sehr niedrige Temperatur abgekühlt wird, um das Ausmaß dieser willkürlichen Vibrationen zu reduzieren.



Quantenverhalten sogar bei Raumtemperatur beobachtbar



Die Wissenschaftler um Peter Zoller vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) stellen nun einen grundlegend anderen Ansatz vor: Sie verwenden die Kräfte starker Lichtstrahlen dazu, das gesamte mechanische System „schweben“ zu lassen, wodurch es vom Außenkontakt und der Umgebungsmaterie abgelöst wird. Wie die Forscher zeigen, ist dieser Ansatz dazu geeignet, Störungen aus der Umgebung derart drastisch zu verringern, dass unterschiedlichste Erscheinungen des Quantenverhaltens sogar bei Raumtemperatur beobachtbar werden. Diese Ideen entstanden in einem Projekt der Arbeitsgruppe um Caltech-Professor H. Jeff Kimble mit Postdoc Darrick Chang und Oskar Painter sowie dem Diplomanden Dal Wilson und den Postdocs Cindy Regal und Scott Papp. Peter Zoller und Jun Ye, Professorin an der University of Colorado und am NIST in Boulder waren als Gordon and Betty Moore Distinguished Scholars als Gastprofessoren mit der Forschungsgruppe am Caltech tätig.



Geeignet für Objekte im Nanobereich



Die Überlegung, optische Kräfte zum Einfangen oder Schweben lassen kleiner Teilchen zu verwenden, ist nicht neu. Die Pionierarbeiten dazu hat Arthur Ashkin bereits in den 1970ern und 80ern in den Bell Laboratories geleistet. Sein Ansatz ist die Grundlage für wichtige wissenschaftliche Entwicklungen, wie die „optischen Pinzetten“ zur Bewegungssteuerung kleiner biologischer Systeme und die Verwendung von Lasern zur Kühlung von Atomen und deren Einfangen in einer Falle. Diese Techniken bieten äußerst vielseitig einsetzbare Werkzeuge zur Manipulation von Atomen und werden heute für den Nachweis einer Vielzahl von Quantenphänomenen auf atomarer Ebene verwendet. In ihrer neuen Theorie zeigen Chang und seine Kollegen, dass der Austausch eines einzelnen Atoms mit einem massiveren, jedoch immer noch im Nanobereich befindlichen, System ähnliche Erfolge zeitigen kann. Eine damit in Zusammenhang stehende Überlegung wurde zur gleichen Zeit von einer Forschergruppe um Ignacio Cirac am Max Planck Institut für Quantenoptik in Garching vorgestellt. 



Kugel in optischer Falle aus zwei Spiegeln



Das von dem Team präsentierte System besteht aus einer kleinen Kugel, die aus einem hochtransparenten Material wie Quarzglas hergestellt wird. Bei Kontakt mit dem Laserstrahl drängen die optischen Kräfte die Kugel naturgemäß an den Punkt der größten Lichtstärke, wo sie eingefangen wird. Der Durchmesser der Kugel beträgt 100 nm bzw. annähernd ein Tausendstel der Breite eines menschlichen Haares. Durch diese geringe Größe sind die verbleibenden Wechselwirkungen der Kugel mit ihrer Umgebung, die sich nicht aus dem direkten Kontakt mit anderer Materie ergeben, so gering, dass Quantenverhalten leicht sichtbar werden sollte. Die Kugel muss sich dafür in einer optischen Falle befinden, die aus zwei Spiegeln besteht. Das zwischen den Spiegeln hin und her geworfene Licht nimmt die Bewegung der Kugel wahr und kühlt bzw. manipuliert sie gleichzeitig auf quantenmechanischer Ebene. Ein von den Forschern genanntes Szenario besteht in der Verwendung des Lichts in der Kammer zur Entfernung der Energie bzw. Kühlung der mechanischen Bewegung bis in den Grundzustand – das niedrigste von der Quantenmechanik zugelassene Energieniveau. Die grundsätzliche Grenze des Prozesses ist abhängig von der relativen Stärke der optischen Kühlung und dem Ausmaß der Erwärmung durch die Umgebung. Generell kann die gut isolierte Kugel von Raumtemperatur auf die Endtemperatur, die zehn Millionen Mal kleiner ist, gekühlt werden. In diesem ultrakalten Zustand bewegt sich der Schwerpunkt der Kugel lediglich um das von der intrinsischen Quantenfluktuation vorgegebene kleinstmögliche Ausmaß.



Verschränkung zweier mechanischer Objekte



Die Forscher stellen zudem ein Modell zur Beobachtung der Verschränkung vor. Zwischen zwei räumlich voneinander entfernten Systemen, die quantenmechanisch verschränkt sind, besteht eine stärkere Wechselwirkung als ihnen klassisch zugeschrieben wird. Verschränkung kann in bestimmten Fällen ein wertvolles Werkzeug sein – zum Beispiel dient sie als Grundlage für Theorien zur Entwicklung verbesserter Messtechnik und leistungsfähiger Quantencomputer. Das vorgestellte Modell basiert auf einem Paar bereits verschränkter Lichtstrahlen, die in zwei voneinander getrennte Kammern geleitet werden, wobei jede Kammer eine schwebende Kugel enthält. Durch eine sogenannte Quantenzustandsübertragung können alle Eigenschaften des Lichts, und insbesondere die Verschränkung und mit ihr verbundene Wechselwirkungen, auf den beiden Kugeln abgebildet werden.

Hochinteressante Möglichkeit

Obwohl sich diese Systeme im Nanobereich befinden und somit weit weg von unserer täglichen Erfahrungswelt liegen, sind die Forscher überzeugt, dass ihre Überlegungen eine hochinteressante Möglichkeit zur Realisierung und Steuerung von Quantenphänomenen in noch nie dagewesenem Ausmaß darstellt – im vorliegenden Fall für Systeme mit 10 Millionen Atomen. Diese Forschungsarbeit wurde von der Gordon and Betty Moore Foundation, der National Science Foundation, dem österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und der Europäischen Union unterstützt.