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Grafik: Harald RItsch

[2011-02-23] Eine grundlegend neue Architektur für den Quantencomputer schlagen Innsbrucker Physiker um Rainer Blatt in der Fachzeitschrift Nature vor. Sie haben im Experiment erstmals die Funktion von Quantenantennen demonstriert. Diese machen es möglich, Quanteninformation zwischen einzelnen Speicherzellen auf einem Computerchip auszutauschen. Damit wird der Bau von handlicheren Quantencomputern denkbar.

Vor sechs Jahren wurde an der Universität Innsbruck das erste Quantenbyte – ein Quantencomputer mit acht Recheneinheiten – realisiert. Ein Rekord, der bis heute hält. „Um aber mit einem Quantencomputer richtig rechnen zu können, benötigen wir wesentlich mehr Quantenbits“, sagt Prof. Rainer Blatt, der dieses erste Quantenbyte mit einem Team am Institut für Experimentalphysik in einer elektromagnetischen Ionenfalle hergestellt hat. „In diesen Fallen können wir nicht beliebig viele Ionen aneinanderreihen und gleichzeitig kontrollieren.“ Die Wissenschaftler sind deshalb dazu übergegangen, den Quantencomputer als System von vielen kleinen Registern zu konzipieren. Diese müssen miteinander verbunden werden. Dafür haben die Innsbrucker Quantenphysiker nun einen revolutionären Ansatz entwickelt, der auf einer Idee der Theoretiker Ignacio Cirac und Peter Zoller basiert. Im Labor konnten die Physiker zwei Gruppen von Ionen über eine Entfernung von rund 50 Mikrometern elektromagnetisch koppeln. Dabei dient die Bewegung der Teilchen als Antenne. „Die Teilchen schwingen wie die Elektronen in den Stäbe einer Fernsehantenne und erzeugen so ein elektromagnetisches Feld“, erklärt Blatt. „Wenn die Antennen aufeinander abgestimmt sind, nimmt der Empfänger das Signal des Senders auf und es entsteht eine Kopplung.“ Der dabei stattfindende Energieaustausch könnte die Grundlage für elementare Rechenoperationen eines Quantencomputers sein.

Antennen verstärken Übertragung

„Wir haben diese Idee zunächst in sehr einfacher Weise umgesetzt“, erzählt Rainer Blatt. In einer miniaturisierten Ionenfalle wird ein wellenförmiges Potential eingerichtet, in dem die Calcium-Ionen gefangen sind. Die beiden Wellentäler liegen 54 Mikrometer auseinander. „Durch das Anlegen einer Spannung an den Elektroden der Ionenfalle können wir die Schwingungsfrequenzen der Ionen aneinander anpassen“, sagt Blatt. „Dabei kommt es zur Kopplung und zum Energieaustausch, über den wir Quanteninformation übertragen können.“ Noch nie zuvor konnte eine direkte Kopplung von zwei mechanischen Schwingungen auf Quantenebene demonstriert werden. Die Wissenschaftler zeigen in dem Experiment darüber hinaus, dass die Kopplung umso stärker ist, je mehr Ionen in den beiden Gruppen vorhanden sind. „Die zusätzlichen Ionen wirken wie Antennen und erhöhen die Reichweite und Geschwindigkeit der Übertragung“, zeigt sich Rainer Blatt von dem neuen Konzept begeistert. Es stellt einen vielversprechenden Ansatz für den Bau eines voll funktionsfähigen Quantencomputers dar. „Diese neue Technologie bietet uns die Möglichkeit zur Verschränkung mittels Kommunikation. Gleichzeitig können wir jede Speicherzelle einzeln ansprechen“, so Rainer Blatt. Der neue Quantencomputer könnte auf einem Chip mit vielen Mikrofallen basieren, in denen Ionen mittels elektromagnetischer Kopplung miteinander kommunizieren. Dies wäre ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu alltagstauglichen Quantentechnologien für die Informationsverarbeitung.

Unterstützt wurden die Tiroler Quantenforscher vom Wissenschaftsfonds FWF, der Europäischen Union, dem Europäischen Forschungsrat ERC und der Tiroler Industrie.