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Bild: Sebastian Diehl (li.), Peter Rabl (mi.) und Philip Walther (re.)

[2011-06-21] Peter Rabl vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Sebastian Diehl vom Institut für Theoretische Physik der Uni Innsbruck sowie Philip Walther von der Uni Wien erhalten je einen der diesjährigen START-Preise. Es ist dies die höchste Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftler in Österreich.

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und FWF-Präsident Christoph Kratky gaben heute in Wien die diesjährigen START-Preisträgerinnen und Preisträger bekannt. Von den ausgewählten Nachwuchswissenschaftlern stammen zwei Preisträger aus dem erfolgreichen Innsbrucker Quantenphysik-Schwerpunkt: Sebastian Diehl und Peter Rabl.

 

Sebastian Diehl: Quantenwelt und Vielteilchenphysik rücken näher zusammen

 

In ultrakalten Gasen treten erstaunliche makroskopische Quanteneffekte auf, die aus dem kohärenten Zusammenspiel einer Vielzahl von Atomen entstehen. Die Forschung konzentrierte sich bisher auf von ihrer Umgebung vollständig isolierte Systeme im thermodynamischen Gleichgewicht. Jüngere Entwicklungen beleuchten aber vermehrt Systeme, in denen zusätzlich zu den kohärenten auch dissipative Effekte auftreten. Dissipation beschreibt in der klassischen Physik beispielsweise den Übergang von Bewegungsenergie in Wärmeenergie durch Reibung. Dabei wird der Grad der Unordnung im System erhöht, typischerweise ein unerwünschter Effekt. Gerade in Quantensystemen können dissipative Phänomene die fragilen Quantenkorrelationen leicht zerstören. Unter bestimmten Umständen aber zeigt sich, dass dieser Effekt umgekehrt und sogar zur wertvollen Ressource für die Erzeugung quantenmechanischer Korrelationen werden kann.
Während die mikroskopische Physik dieser Systeme präzise modelliert werden kann, fehlen derzeit noch effiziente theoretische Werkzeuge, um aus dem mikroskopischen Modell quantitative Vorhersagen für die Makrophysik abzuleiten. „Ich möchte die Gebiete der Quantenoptik und der Vielteilchenphysik dazu näher verknüpfen“, sagt Sebastian Diehl. Ergänzend zu den theoretischen Untersuchungen wird er auch praktische Vorschläge für neue Experimente erarbeiten. „Mit diesen Untersuchungen wollen wir zum sich rapide entwickelnden Feld der Vielteilchenphysik jenseits des thermodynamischen Gleichgewichts beitragen“, sagt Diehl.

 

Sebastian Diehl, geboren 1979 in Ludwigshafen, Deutschland, studierte in Heidelberg Physik und schloss sein Doktoratsstudium 2006 ab. Danach kam er in die Forschungsgruppe um Prof. Peter Zoller an das Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Seit 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck. 

 

Peter Rabl: Quantenphysik stößt in die Nanowelt vor

 

Peter Rabl beschäftigt sich mit neuen theoretischen Ansätzen zum besseren Verständnis der Physik von opto- und nanomechanischen Systemen im Quantenregime. Die rasanten experimentellen Fortschritte auf diesem Gebiet werden es in naher Zukunft ermöglichen, die Gesetze der Quantenmechanik auch anhand von makroskopischen Objekten zu studieren. Dazu analysiert Peter Rabl neue physikalische Effekte, die auf der Quantisierung der makroskopischen Bewegungsfreiheitsgrade basieren, wobei er sich hier sowohl für fundamentale Fragestellungen als auch für potentielle Anwendungen dieser System interessiert. „Um auch langfristige Perspektiven für dieses noch junge Forschungsgebiet zu eröffnen, untersuche ich anhand von konkreten physikalischen Implementierungen - zum Beispiel Fehlstellen in Diamantnanostrukturen - wie die Manipulation von markoskopischen Bewegungsfreiheitsgraden für die Verarbeitung von Quanteninformation oder zur Verbesserung von nanomechanischen Sensoren nutzbar gemacht werden könnte,“ sagt der Physiker. 

 

Peter Rabl wurde 1978 in Bad Häring geboren und studierte Physik an der Universität Innsbruck, wo er 2006 auch promovierte. Bis 2007 war er Forschungsassistent am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI). Von 2007 bis 2010 forschte Rabl am Institute for Theoretical Atomic, Molecular and Optical Physics (ITAMP) des Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge, USA. Seit Herbst 2010 forscht Peter Rabl wieder in der Forschungsgruppe um Prof. Peter Zoller am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI). 

Philip Walther: Photonische Quantensimulation

 

 

Der Quantenphysiker Philip Walther hat sich das Ziel gesetzt, einen optischen Quantensimulator zu bauen, der es ermöglicht, Quantensysteme zu simulieren und dadurch Einblicke in neuartige Quantenphänomene zu bekommen. Um solche Quantensimulationen durchzuführen, müssen Quantensysteme mit höchster Präzision präpariert, manipuliert und ausgelesen werden können. Dafür bieten sich verschränkte Photonensysteme an. Zum einen können einzelne Photonen so präpariert werden, dass sie in vielerlei Hinsicht die gleiche Eigenschaft aufweisen; zum anderen gibt es technische Vorteile, die Photonen für solche Anwendungen prädestinieren. Darüber hinaus erlaubt es die natürliche Mobilität der Photonen, Quantentransportphänomene – wie sie in biologischen Prozessen auftreten können – zu simulieren.
Verschränkten Vielteilchensysteme sind zum einen wesentlich, um neuartige Quantenzustände in einem bisher unzugänglichen Parameterbereich studieren zu können, und erlauben es zum anderen, neuartige Quantencomputerprotokolle zu realisieren. Die Resultate dieser Experimente werden neue Wege für photonische Quantencomputer weisen.

 

 

Philip Walther, geboren 1978 in Wien, promovierte 2005 bei Anton Zeilinger am vormaligen Institut für Experimentalphysik. Nach seiner Tätigkeit als Senior Scientist für Optische Quantencomputer ebendort zog es den Jungwissenschafter in die USA. Am Department of Physics der Harvard University arbeitete er bis 2008 als Post-Doc unter Mikhail Lukin. Seit Juni 2008 ist Walther Universitätsassistent in der Gruppe Quantenoptik, Quantennanophysik und Quanteninformation an der Fakultät für Physik der Universität Wien.

 

Höchstdotierte Nachwuchsförderung in Österreich

 

Der START-Preis des österreichischen Wissenschaftsministeriums wird durch den österreichischen Wissenschaftsfonds FWF vergeben und stellt mit bis zu 200.000 Euro pro Jahr die höchstdotierte Förderung von Nachwuchsforscherinnen und -forschern in Österreich dar. Die Preisträger werden von einer internationalen Fachjury ausgewählt. Junge Forscherinnen und Forscher sollen aufgrund ihrer bisher geleisteten wissenschaftlichen Arbeit die Chance erhalten, in sechs Jahren finanziell weitgehend abgesichert ihre Forschungsarbeiten zu planen und eine eigene Arbeitsgruppe aufzubauen. Nach drei Jahren haben sie sich einer Zwischenevaluierung zu stellen.