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Bild: Preisträger Dr. Wolfgang Lechner (Foto: CPG)

[2012-02-02] Für seine Dissertation erhielt der Physiker Dr. Wolfgang Lechner gemeinsam mit der Chemikerin Dr. Alexandra Nemeth im Januar in Wien den Loschmidt-Preis 2011 der Chemisch-Physikalischen Gesellschaft (CPG). Die mit 1500 Euro dotierte Auszeichnung wird für herausragende Doktorarbeiten in den Fächern Physik und Chemie verliehen.

Wolfgang Lechner beschäftigt sich mit „weicher Materie“, also Systemen, die gleichzeitig Eigenschaften von Flüssigkeiten als auch Festkörpern aufweisen. Solche Materialien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Man findet sie in Form von Gelen, Emulsionen, Polymeren und Kolloiden, bekannt auch als Bestandteil von Flüssigkristallbildschirmen und als elektronische Tinte in modernen E-Book-Readern. Seit kurzem forscht der in Kufstein geborene Physiker in der Arbeitsgruppe von Peter Zoller am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Innsbruck. Hier versucht er die Methoden und Ideen aus der Physik der weichen Materie in das Gebiet der Quantenoptik einfließen zu lassen und damit diese scheinbar weit entfernten Gebiete zu verbinden.

Wie Flüssigkeiten gefrieren

In der nun ausgezeichneten Arbeit hat Wolfgang Lechner mit Hilfe von Computersimulationen die Dynamik des Einfrierens von Kolloiden untersucht. „Als Kolloide werden Teilchen bezeichnet, die in einem anderen Medium fein verteilt sind“, erklärt Wolfgang Lechner. Kolloide dienen dabei häufig als Modelle für kompliziertere Systeme. „Stellt man ein mit Wasser gefülltes Glas in den Gefrierschrank, entsteht bei Null Grad Celsius nicht sofort Eis. Abhängig von der Reinheit des Wassers wird es sich unter den Gefrierpunkt weiter abkühlen. In diesem unterkühlten Zustand bilden sich kleine Eiskristalle, die Nukleationskeime. Diese Keime können nun anwachsen und das Wasser zum Einfrieren bringen oder wieder verschwinden. Ob ein Keim wächst oder wieder kleiner wird, hängt von der Größe des Keimes ab.“ Computersimulationen haben allerdings gezeigt, dass manche Keime schrumpfen, obwohl sie wachsen sollten und umgekehrt. Es muss also zusätzliche Eigenschaften geben, die über das Schicksal der Keime entscheiden.

Allgemeines Modell

„Ich habe eine Methode entwickelt, die zusätzliche Informationen über die Struktur der Keime zum Vorschein bringt. Damit konnte ich zeigen, wie sich die Struktur im Inneren der Keime verändert und, dass die Keime von einer Wolke aus Teilchen umgeben sind die schon eine bestimmte Ordnung haben. Die Größe dieser Teilchenwolke im Verhältnis zur Größe des Keimes entscheidet mit über Wachsen oder Verschwinden des Nukleationskeims“, erläutert Wolfgang Lechner ein Ergebnis einer aus der Dissertation hervorgegangenen Arbeit. Die Untersuchungen an diesem allgemeinen Modell lassen sich auf viele andere Systeme übertragen.

In einem zweiten Teil seiner Dissertation beschäftigt sich Wolfgang Lechner mit Defekten in zweidimensionalen Kristallen aus Kolloiden. Er hat dabei gefunden, dass sich manche Defekte immer stark anziehen und konnte aufbauend auf diesem Effekt Experimente initiieren, die es erlauben, grundlegende Eigenschaften, wie zum Beispiel das Schmelzen von zweidimensionalen Systemen, zu untersuchen.