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Harald Ritsch

In Nature wurde diese Woche ein Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der Quantensimulation gegeben. Ein internationales Team von Forschern, darunter die Innsbrucker Physiker Peter Zoller und Christian Kokail, beleuchtet darin die kurz- und mittelfristigen Möglichkeiten der Quantensimulation auf analogen und digitalen Plattformen.

 

In der in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Überblicksarbeit bewertet ein Team von Wissenschaftlern die kurz- und mittelfristigen Möglichkeiten der Quantensimulation auf analogen und digitalen Plattformen. „In den vergangenen Jahren wurden auf dem Gebiet der analogen und digitalen Quantensimulation viele spannende Fortschritte erzielt, und die Quantensimulation ist eines der vielversprechendsten Gebiete der Quanteninformationsverarbeitung. Sie ist bereits recht ausgereift, sowohl was die Entwicklung von Algorithmen als auch die Verfügbarkeit von weit fortgeschrittenen analogen Quantensimulationsexperimenten betrifft“, sagt Andrew Daley, der viele Jahr in Innsbruck geforscht hat und seit 2013 Professor an der Universität Strathclyde in Schottland ist.

In der Geschichte der Informatik existierten die klassische analoge und die digitale Datenverarbeitung mehr als ein halbes Jahrhundert nebeneinander, erst allmählich setzte sich die digitale Datenverarbeitung durch.  „Wir erwarten, dass in der Quantensimulation dasselbe geschieht“, sagt Daley. „Als nächster Schritt in der Entwicklung dieser Technologie ist es nun wichtig, den 'praktischen Quantenvorteil' zu diskutieren, den Punkt, an dem Quantencomputer Probleme von praktischem Interesse lösen können, die für herkömmliche Supercomputer nicht lösbar sind.“

Viele der erfolgversprechendsten nächsten Anwendungen von Quantencomputern fallen in den Bereich der Quantensimulation: die Modellierung der Quanteneigenschaften mikroskopischer Teilchen, die für das Verständnis der modernen Materialwissenschaften, der Hochenergiephysik und der Quantenchemie unmittelbar relevant sind.

In Zukunft sollten Quantensimulationen auf fehlertoleranten digitalen Quantencomputern mit größerer Flexibilität und Präzision möglich sein, aber sie können auch schon heute für bestimmte Fragestellungen mit speziellen analogen Quantensimulatoren durchgeführt werden. Dies geschieht in analoger Weise zur Untersuchung der Aerodynamik, die entweder im Windkanal oder durch Simulationen auf einem digitalen Computer durchgeführt werden kann. Während in der Aerodynamik oft ein kleineres physikalisches Modell verwendet wird, um etwas Großes zu verstehen, nehmen analoge Quantensimulatoren oft ein größeres Modell, um etwas noch Kleineres zu verstehen.

Analoge Quantensimulatoren gehen jetzt von der qualitativen Demonstration physikalischer Phänomene zu quantitativen Lösungen für Probleme über. Ein besonders spannender Weg in naher Zukunft ist die Entwicklung programmierbarer Quantensimulatoren, die digitale und analoge Techniken kombinieren. „Dies birgt großes Potenzial, weil es die Vorzüge beider Seiten kombiniert, indem es die nativen analogen Operationen nutzt, um hochgradig verschränkte Zustände zu erzeugen“, sagt der Innsbrucker Physiker Peter Zoller.

Wie allerdings lässt sich überprüfen, ob eine Quantensimulation das richtige Ergebnis liefert, wenn ein klassischer Computer es nicht mehr berechnen kann? Christian Kokail und Peter Zoller zeigen in dem Überblicksartikel, dass eine neue Methode, das sogenannte Hamiltonian-Lernen, bei der Verifizierung eines Quantenvorteils eine wichtige Rolle spielen kann. Dabei wird aus Messergebnissen der Simulation die Parameter des Quantensystems rekonstruiert. „Stimme diese überein, war die Simulation erfolgreich“, sagt Christian Kokail. „Die Anzahl an notwendigen Messungen wächst nicht exponentiell mit der Anzahl der Teilchen, weshalb die Methode auch für große Quantensysteme und damit für die Demonstration des Quantenvorteils geeignet ist.“ Die Autoren zeigen die Anwendung der Methode für Fermionen in einem optischen Gitter, ein für die Praxis sehr interessantes und hochrelevantes Modell.

Alle am Übersichtsartikels beteiligten Partner von der Universität Innsbruck, dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik, der LMU München, des Munich Center for Quantum Science and Technology, der University of Strathclyde und von Microsoft haben große, laufende Forschungsprogramme, die sowohl die Theorie der Architekturen und Algorithmen als auch die Entwicklung von Plattformen für die analoge Quantensimulation und das digitale Quantencomputing umfassen. Die Partner haben im Rahmen des Horizon 2020 EU-Quantum-Technologies-Flagship-Projekts PASQuanS zusammengearbeitet.